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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2021

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2021

SPECIAL CONNECTIVITY

SPECIAL CONNECTIVITY SINGLE PAIR ETHERNET WARUM DIE AUTOMATION DAVON PROFITIERT Single Pair Ethernet (SPE) ist eine Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur SmartFactory. Sie ermöglicht durchgängigere und wirtschaftlichere Industrial Ethernet Netzwerke und benötigt zur Übertragung von Daten nur noch ein Aderpaar. Allerdings herrscht über die Norm der Steckverbinder bis heute Uneinigkeit. Das muss sich rasch ändern. Lapp erklärt, warum die neue IIOT-Technologie jetzt schnell in die Fabriken muss. Über Jahrzehnte wurden für die Kommunikation in Automatisierungsanwendungen Feldbusse eingesetzt. Den Kommunikationsanforderungen moderner SmartFactories wurden sie aber nicht mehr gerecht. Die Lösung war eine Technologie, die sich bereits in Gebäudenetzwerken bewährt hatte, nämlich über IP basierte Netze, die in den Fabriken überwiegend über Ethernet Kupferleitungen, zum Teil auch über WLAN oder Glasfaser, stattfindet. Das bringt auch viele Vorteile für die Fabrik, denn Ethernet erlaubt mehr und flexiblere Topologien. Dank der wesentlich höheren Datenübertragungsraten können verschiedene Dienste über das gleiche Netzwerk betrieben werden. Die damit einhergehende Vereinheitlichung der Technologie reduziert die Anzahl der Netzwerkübergänge und schafft ein durchgängiges Kommunikationssystem, vom Sensor bis zum Warenwirtschaftssystem oder in die Cloud. Als Resultat: Planung, Administration und Wartung lassen sich einfacher durchführen. Eine Realisierung von Industrie 4.0 oder Smart Factories ist ohne durchgängige, IP basierte Netze nicht denkbar. Daten müssen ständig und an jedem Ort verfügbar sein. MEHR INSTALLATIONSAUFWAND DURCH ETHERNET Doch so einfach ist es dann doch wieder nicht: Mit der Ablösung der Feldbusse durch Ethernet entstanden neue Herausforderungen, unter anderem in der Installationstechnik. Während der bekannteste Vertreter, der Profibus noch mit einem Aderpaar in der Busleitung auskam, benötigte Profinet mit 100 Mbit/s Ethernet schon zwei Aderpaare. In manchen Anwendungen wird in den Fabriken bereits Gigabit Ethernet eingesetzt, wofür vier Aderpaare notwendig sind. Die Problematik ist offensichtlich: Gegenüber den Feldbussen stieg der Aufwand für die Feldinstallation sowie das Potential für Installationsfehler. Außerdem sind die Komponentenkosten für 4-paarige Leitungen höher als für 2-paarige. Die besagten Punkte sind auch die Hauptgründe, warum sich Ethernet bisher auf der untersten Feldebene bis hinein in einfache Sensoren und Aktoren nicht durchsetzen konnte. Stattdessen haben sich Speziallösungen mit einfacher und schneller Installation gehalten. Deren Anbindung an das übergeordnete Ethernet 94 INDUSTRIELLE AUTOMATION 2021/06 www.industrielle-automation.net

SPECIAL CONNECTIVITY überwiegend im Feld, also vor Ort in der Anlage installiert. Dort lassen sich Installationsaufwand sowie Installationsfehler erheblich reduzieren. Des Weiteren benötigt die Verkabelung weniger Platz und kann Komponentenkosten reduzieren. STANDARDISIERUNG ERMÖGLICHT VIELE ANWENDUNGSFELDER Ein wichtiger Faktor für die breite Marktdurchdringung neuer Kommunikationssysteme ist die Standardisierung. Single Pair Ethernet ist durch mehrere internationale Normen abgedeckt. So sind drei für die Industrie relevante IEEE Standards für unterschiedliche Anwendungsfälle definiert worden. Die Norm IEEE 802.3 bp beschreibt einen Physical Layer welcher 1 Gbit/s über eine Distanz von 40 m über geschirmte Leitungen, bzw. 15 m über ungeschirmte Leitungen erlaubt. Mögliche Anwendungen in der Fertigungsautomatisierung wären Verbindung von Gigabit-Kommunikationsteilnehmern innerhalb des Schaltschranks oder auch Sensoren mit hohen Datenraten wie Gigabit Kameras. Die Norm 802.3 bw erlaubt die gleichen Leitungslängen jedoch für 100 Mbit/s. Auch diese Technik dürfte, insbesondere aufgrund der reduzierten Distanz, zur Verbindung von Geräten im Schaltschrank interessant sein. Zum Beispiel die SPS, Antriebe SPE ERMÖGLICHT VERBINDUNGEN MIT GESCHWINDIGKEITEN ZWISCHEN 10 MBIT/S UND MEHREREN GBIT/S ÜBER NUR EIN EINZIGES ADERPAAR benötigen allerdings zusätzliche Übersetzer bzw. Gateways. Das erfordert nicht nur Spezial-Know-how, sondern erhöht auch den Aufwand für Planung und Installation sowie Komponentenkosten. Es wird also klar, dass eine durchgängige Ethernet Installation mit gleichzeitig reduziertem Installationsaufwand viele Vorteile bringen würde. WENIGER GEWICHT, MEHR PLATZ Single Pair Ethernet ist eine neue Technologie, die ursprünglich für die Anwendung im Automobil entwickelt wurde, um Gewicht und Platzbedarf der zunehmenden Vernetzung zu reduzieren. Der Einsatz von Ethernet soll übrigens auch hier die vielen verschiedenen Kommunikationssysteme vereinheitlichen. Der große Vorteil: SPE erlaubt, wie der Name sagt, Ethernet basierte Kommunikation über ein einzelnes Aderpaar. Durch die Reduktion von vier oder acht Adern auf nur zwei Adern ist die Technologie auch für die Anwendung in der industriellen Automatisierungstechnik äußerst interessant. Steckverbinder werden hier oder Switche, welche heute über eine 100 Mbit/s Profinet, Ethernet/IP oder andere Schnittstelle verfügen. Der dritte Standard IEEE 802.3 cg ist ein sehr aussichtsreicher Kandidat für den Feldeinsatz, weil er die Kabellängenbeschränkung, welche mit der Einführung von Ethernet in der Produktion einherging, auflöst. Mit bisherigem Ethernet war die erlaubte Channel Länge, also die Gesamtleitungslänge zwischen zwei aktiven Geräten auf 100 m begrenzt. Mit 802.3 cg sind Leitungslängen möglich, wie sie von den herkömmlichen Feldbussen bekannt sind. Mit diesem SPE Standard können bis zu 1 000 m Distanz oder mehr überbrückt werden. Immerhin wird damit noch eine Übertragungsrate von 10 Mbit/s erreicht, was für viele Automatisierungskomponenten ausreicht. Durch die hohe Distanz ist die Technologie sehr gut für Anwendungen im Feld, in der Anlage, zur Anbindung von dezentralen E/A Systemen oder sogar für direkte Sensor-Integration geeignet. PLANUNGSRICHTLINIEN SIND IN ARBEIT Bei Single Pair Ethernet wurde aber auch an die Spannungsversorgung der Endgeräte gedacht. Mit Power over Dataline (PoDl) ist eine Spannungsversorgung der Ethernet Teilnehmer über die Datenleitung, ähnlich wie heute bei Power over Ethernet (PoE) möglich. Damit lässt sich der Verkabelungsaufwand weiter reduzieren. Für Geräte mit moderatem Leistungsbedarf von bis zu 50 Watt kann die zusätzliche Leitung für die Stromversorgung entfallen. In Automatisierungsanwendungen kommen hier zum Beispiel Sensoren in Frage. Die notwendigen applikationsbezogenen Planungs- und Installationsrichtlinien sind noch zu erstellen. Die Arbeiten hierzu haben unter anderem in den Nutzerorganisationen wie Pi für Profinet oder ODVA für Ethernet/IP begonnen. Lapp beteiligt sich aktiv an dieser Arbeit. www.industrielle-automation.net INDUSTRIELLE AUTOMATION 2021/06 95