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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

Die piezoresistive

Die piezoresistive Druckmesstechnik Stabile und vielseitig einsetzbare Messtechnologie Die klassische resistive Druckmessung funktioniert im einfachsten Fall mit einem dünnen Metallstreifen, dessen Widerstandswert sich ändert, wenn er seine Form ändert. Ähnlich, jedoch auf Halbleiterbasis, funktioniert die piezoresistive Druckmessung. Lesen Sie, warum sich diese Technologie in der Druckmesstechnik durchgesetzt hat. Die piezoresistive Technologie wird oft in einem Atemzug mit Druckmessung genannt. Doch was genau ist der piezoresistive Effekt? Und warum wird diese Technologie in der Druckmesstechnik angewendet? Druck als wesentlicher Parameter in technischen Systemen Zusammen mit der Temperatur ist der Druck ein wesentlicher Parameter in vielen technischen Systemen. Zudem verlangen zahlreiche industrielle Prozesse nach genau kontrollierten Druckbedingungen. Daher ist neben der Temperatur- die Druckmessung die wichtigste und am häufigsten eingesetzte Technik zur Überwachung und Steuerung von Maschinen und Anlagen. Hierfür stellt der atmosphärische Luftdruck eine wichtige Umweltgröße dar. Über die Messung des Schweredrucks der Flüssigkeitssäule lassen sich z. B. Grundwasserpegel oder Füllstände ermitteln. Für die elektronische Druckmessung ist ein Sensor erforderlich, der den zu messenden Druck aufnimmt und in ein elektrisches Signal umwandelt. Bei der resistiven Druckmessung ist das Herzstück ein elektrischer Widerstand, dessen Wert sich abhängig vom zu messenden Druck ändert. Resistive Druckmessung als klassische Methode Die klassische resistive Druckmessung funktioniert im einfachsten Fall mit einem dünnen Metallstreifen, dessen Widerstandswert sich ändert, wenn er seine Form ändert. Bei Dehnung wird der Streifen länger und dünner, sodass sein elektrischer Widerstand steigt; bei Stauchung wird der Streifen kürzer und sein Querschnitt steigt, sodass sich sein Widerstand verringert. Um den zu messenden Druck in eine kontrollierte mechanische Verformung zu übersetzen, wird der Dehnungsmessstreifen (DMS) auf eine elastische Membran aufgebracht. Normalerweise wird er mit einem Klebstoff mit der Membran verbunden. Wirkt nun auf eine Seite dieser Membran ein Druck, verformt sich diese und führt auf der Membran zu seiner Stauchung oder Dehnung. Je größer der Druck ist, desto stärker verformt sich die Membran. Das Ausmaß der Widerstandsänderung hängt also direkt vom Druck ab. Zur genaueren Messung werden mehrere DMS zu einer Brückenschaltung zusammengefasst und die Widerstandsänderung als Spannungssignal erfasst. Piezoresistive Druckmessung sorgt für genauere Werte Das Grundprinzip der piezoresistiven Druckmessung entspricht im Wesentlichen dem der resistiven Druckmessung. Auch hier bewirkt eine Verlängerung oder Verkürzung eine Änderung des Widerstands. Zusätzlich verändert die bei Dehnung oder Stauchung auftretende mechanische Spannung die elektrische Leitfähigkeit eines piezoresistiven Materials. Dieser piezoresistive Effekt beruht auf Verschiebungen der Atompositionen zueinander, die sich direkt auf den elektrischen Ladungstransport auswirken. Die daraus resultierende Widerstandsänderung kann deutlich größer ausfallen als jene, die durch reine Verformung bedingt ist. Typische piezoresistive Materialien sind Halbleiter, deren elektrische Leitfähigkeit zwischen der von elektrischen Leitern und der von Nichtleitern liegt. Man bezeichnet sie auch als Sensorchips. Hauchdünne Siliziumscheiben Grundlage für einen piezoresistiven Sensorchip sind weniger als einen Millimeter dünne, kristalline Siliziumscheiben, sogenannte Wafer. Diese werden dotiert, d. h., in ihre Oberfläche werden an bestimmten Stellen Fremdatome eingebracht, die örtlich gezielt die Leitfähigkeit beeinflussen. Diese dotierten Gebiete im Silizium bilden die piezoresistiven Widerstände. In einem nachfolgenden Dr. Sören Boyn, Sensor-Entwicklung, Keller AG für Druckmesstechnik, Winterthur, Schweiz 16 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

MESSE I SPS 2019 Isolierter, piezoresistiver Drucksensor für universelle Anwendungen Prozessschritt wird der Siliziumwafer örtlich so abgedünnt, dass Membranen direkt im Silizium entstehen und die piezoresistiven Widerstände an bestimmen Positionen liegen. Wirkt nun auf eine Seite dieser Membran ein Druck, verformt sich diese und bewirkt so eine mechanische Spannung in den piezoresistiven Widerständen. Je nach Position nimmt der Widerstandswert zu oder ab. Über die Dicke der verbleibenden Membran lässt sich die Druckempfindlichkeit des Sensorchips einstellen. Anschließend wird die Rückseite des Siliziums noch fest mit einem Glas verbunden. Dabei entsteht für Absolutdrucksensoren ein abgeschlossener Referenzraum unter Vakuum. Für die Messung eines Relativdrucks enthält das rückseitige Glas ein Referenzloch. Bei piezoresistiven Druckmesszellen sind die Mess- widerstände also im Gegensatz zu DMS in die Membran integriert. Somit entfällt das Aufkleben und damit auch die Schwachstelle dieser Technik: der Klebstoff. Das ist eine wichtige Voraussetzung für Alterungs- und Temperaturbeständigkeit sowie Hysteresefreiheit. Dazu führt der piezoresistive Effekt zu einer bis zu 50-fach größeren Widerstandsänderung als dies mit metallischen DMS erreicht werden kann. Warum piezoresistiv in der Druckmesstechnik? Aufgrund des großen Ausgangssignals und der etablierten Herstellungsprozesse hat sich die piezoresistive Technologie in der Druckmesstechnik durchgesetzt. Ein weiterer großer Pluspunkt ist, dass das für die Stabilität kritische Aufkleben der DMS entfällt. Das kristalline Silizium des Sensorchips verformt sich im Betrieb rein elastisch, sodass auch nach vielen Druckzyklen keine Ermüdungserscheinungen oder Stabilitätsprobleme auftreten. Die Sensorchips können in etablierten Prozessen der elektronischen Halbleitertechnologie produziert werden. Die für die Druckmessung relevante Membran ist in den Sensorchip integriert. Deshalb können auch kompakte und langzeitstabile Druckmesszellen hergestellt werden. Da piezoresistive Druckaufnehmer keine beweglichen Teile beinhalten, sind sie robust gegenüber Erschütterungen und Beschleunigungen. Die wesentlich größere Änderung des Widerstands in piezoresistiven Messzellen gegenüber konventionellen Metall-DMS führt zu einem großen Ausgangssignal und ermöglicht so eine rauscharme elektronische Auswertung mit hoher Auflösung. In Kombination mit analogen oder digitalen Kompensationslösungen steht so ein äußerst präzises, temperaturunabhängiges Drucksignal zur Verfügung. Die isolierte piezoresistive Druckmesszelle sticht durch ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten hervor: Sie ist mit vielen verschiedenen Medien kompatibel und deckt weite Druckbereiche ab. Die gezielte Konstruktion des Gehäuses erreicht große Flexibilität für viele industrielle Anwendungen auch in kritischen Umgebungen. Die Keller AG für Druckmesstechnik verfügt über das dafür notwendige Wissen im Entwerfen und Herstellen von isolierten Messzellen. Dank 45-jähriger Unternehmenserfahrung in der Die piezoresistive Druckmesszelle ist mit vielen Medien kompatibel und deckt weite Druckbereiche ab piezoresistiven Druckmesstechnik kann das Unternehmen auch Spezialanwendungen kompetent umsetzen. Die isolierten piezoresistiven Druckmesszellen der Keller AG für Druckmesstechnik werden in anspruchsvollen Industrieanwendungen und in der Forschung eingesetzt. Bilder: Aufmacher Shutterstock, Nebenbild Keller AG www.keller-druck.com