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Industrielle Automation 6/2018

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Industrielle Automation 6/2018

SENSORIK UND MESSTECHNIK

SENSORIK UND MESSTECHNIK Auf dem Prüfstand Wirtschaftliches Testverfahren zur Bestimmung der Wasserdampf-Durchlässigkeit von Kunststoff-Folien Kunststoff-Folien die in Medizinprodukten zum Einsatz kommen, müssen hohen gesetzlichen Anforderungen gerecht werden. Neben der Bioverträglichkeit ist die Wasserundurchlässigkeit ein wichtiges Kriterium. An der Hochschule Furtwangen wurde im Rahmen einer Projektarbeit [1] ein Teststand zur Messung von Wasserdampf-Diffusionsbarrieren realisiert. Zuverlässige Temperatur- und Feuchtesensoren eines Schweizer Messtechnik-Spezialisten übernahmen hierbei eine wichtige Rolle – präzise und wirtschaftlich. Medizinprodukte umfassen eine große Bandbreite von Produkten und Verfahren, die für eine Anwendung am Menschen bestimmt sind. Im Gegensatz zu Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, erfolgt die Hauptwirkung bei Medizinprodukten überwiegend auf physikalischem Wege. Dazu zählen z. B. Implantate, Produkte zur Injektion oder Dentalprodukte. Eine besondere Stellung nehmen die aktiven implantierbaren Medizinprodukte ein. Sie werden einem Menschen in den Körper eingeführt und verbleiben dort. Dies sind z. B. Herzschrittmacher, Infusionspumpen oder Netzhaut-Implantate, die strengsten Sicherheitsanforderungen unterliegen. Aus diesem Grund müssen aktive Medizinprodukte mit bioverträglichen Materialien verkapselt werden, die zudem möglichst wasserdampfundurchlässig sind, um Komplikationen mit elektrischen Komponenten zu vermeiden. Der Beitrag beschreibt einen validierten Teststand zur Messung von Wasserdiffusionsbarriereschichten auf flexiblen Kunststoff-Folien, die unter anderem zur äußeren Beschichtung von Medizinprodukten verwendet werden. Michael Engel, Denis Horn, Dipl.-Phys. Felix Blendinger, Dipl.-Chem. Michael Metzger, Dr. Markus Westerhausen, Prof. Dr. Volker Bucher, Hochschule Furtwangen, Studienzentrum Rottweil, Kontakt: buv@hs-furtwangen.de Im Fokus: Eigenschaften des Kunststoffs Parylen hinsichtlich Wasserdampf-Durchlässigkeit Das zu messende Material bestand u. a. aus eingekapselten Plasmaund Parylenbeschichtungen, die das Produkt nach außen hin nicht nur biokompatibel, sondern auch biostabil machen. Entsprechende Folien dieses Materials waren zu testen. Der Kunststoff Parylen ist vielseitig verwendbar, er besitzt gute mechanische und dielektrische Eigenschaften, eine gleitfähige Oberfläche, ist temperaturstabil, chemisch inert und lösemittelbeständig, stellt einen hervorragenden Korrosionsschutz dar und ist eine ausgezeichnete Permeations- Barriere. Um nun die Eigenschaften dieser Permeations-Barriere in Bezug auf Wasserdampfdurchlässigkeit zu prüfen, gibt es zwar Geräte, die jedoch in der Anschaffung teuer sind. Zudem gäbe es die Möglichkeit, Folien separat und extern testen zu lassen, was jedoch einen hohen Logistikaufwand, dauerhafte Kosten und Zeitaufwand bedeuten würde. Dieses Dilemma löst nun der an der Hochschule Furtwangen u. a. mit Elektronik-Komponenten der Schweizer Firma MSR Electronics GmbH realisierte Teststand, mit dem die erwähnten flexiblen Kunststoff-Folien untersucht werden können. Konstruktiver Aufbau des Messplatzes Der Teststand besteht aus zehn analogen Messeinheiten. Allgemein wird, wie in Bild 02 rechts dargestellt, ein Messsensor mit integriertem Temperatur- und Feuchtesensor in einer verschließbaren Box eingebaut. Diese ist auf einer Seite offen, sodass die zu testende Folie darüber gespannt werden kann. Anschließend wird die Box über mehrere Stunden oder Tage bei einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit wie z. B. 85 % und einer definierten Temperatur in den Klimaschrank gelegt. Im Inneren der Box werden einmal pro Minute Messdaten der aktuellen relativen Luftfeuchte sowie der Temperatur vom Sensor aufgenommen. Um den Testaufbau zu validieren, können spezielle Eichfolien mit normierter Wasserdampf-Durchlässigkeit eingesetzt werden. Als Sensoren im Inneren arbeiten Module des Typs MSR385SM der Schweizer Firma MSR Electronics. Sie erfassen die Werte für Temperatur, relative Feuchtigkeit und den Luftdruck (der in diesem Fall nicht benötigt wird) und senden die gemessenen Werte im lizenzfrei nutzbaren 868-MHz-ISM-Funkband an einen außen 40 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2018

SENSORIK UND MESSTECHNIK 01 Das Wireless-Messsystem erlaubt es Temperatur, Feuchte und Druck an verschiedenen Messpunkten und Orten kontinuierlich aufzuzeichnen und via Cloud standortunabhängig zu überwachen angeordneten Datenlogger des Typs MSR385WD. Aufgrund ihrer Wärmebeständigkeit erlauben die Sensor-Sendemodule, je nach Gehäusetyp, messtechnische Anwendungen selbst bei hohen Arbeitstemperaturen von bis zu + 125 °C. Dank ihres kompakten Gehäuses können sie auch an schwer zugänglichen Stellen platziert werden, im konkreten Fall in der Messbox mit der darüber angeordneten Folie. Ein optimiertes Power-Management sorgt dafür, dass die Energieversorgung der Mini-Sendemodule je nach Häufigkeit der Messungen und Funkübertragungen für bis zu fünf Jahre gewährleistet ist. Als Spannungsversorgung arbeitet ein Akku mit 260 mAh oder eine Lithium-Batterie mit 800 mAh. Daten jederzeit standortunabhängig überwachen In Bild 01 sind die MSR-Funktionskomponenten und ihre Datenübertragungswege bildlich dargestellt. Über ein GSM-Terminal und die „MSR Smart Cloud“ können aufgezeichnete Daten auch weltweit standortunabhängig überwacht werden. Herzstück des Wireless- Mess-Systems von MSR Electronics GmbH ist der mit einer Speicherkapazität von über einer Million Messwerten ausgestattete Datenlogger MSR385WD. Dieser Mehrkanal-Datenlogger besitzt ein integriertes ISM-Band Empfangsmodul, über das er die Daten von bis zu zehn MSR385SM- Sendemodulen entgegennimmt und speichert. Die Spannungsversorgung des Datenloggers erfolgt über den USB- Anschluss; ein autonomer Betrieb ist mit dem integrierten LiPo-Akku mit 2 400 mAh für die Dauer von bis zu zwei Tagen möglich. Ein Flash-Speicher sorgt für Datensicherheit bei Stromausfall. Vorteile der Datenübertragung via Funk Die Größe des Feuchtigkeitssensors gibt vor, welcher Durchmesser des Vakuumrohrs verwendet werden kann. Und da die Sensor-Sendemodule ohne externe Stromzufuhr sondern mit ihrem eingebauten Akku arbeiten, kann auf Strom-Zuführungsleitungen verzichtet werden, die eventuell die Dichtigkeit der Komponenten gefährden würden. Zudem könnten Daten auch bei einem evtl. Stromausfall weiter aufgezeichnet werden. Weiterer Vorteil ist die Datenübertragung via Funk. Denn eine kabelgebundene Datenübertragung würde die Gefahr bergen, dass die Flanschbauteile an den Kabel-Durchführungsstellen undicht werden könnten und somit unerwünschter Wasser (-dampf) in das Innere der Messanordnung gelangen könnte. Ein weiterer Vorteil der verwendeten Sensormodule und Datenlogger ist auch deren niedriger Preis, sodass die Kosten für diesen Messplatz unter 5 000 Euro gehalten werden konnten. 02 Versuchsaufbau: links eine Testbox mit innenliegendem Funk-Messdatensensor, darüber die zu prüfende Testfolie, deren Wasserdampf-Diffusionseigenschaften getestet werden sollen Zunächst wurde die Reichweite der Funkstrecke zwischen den Mess-Sensormodulen und dem Empfangs-Datenlogger getestet. Im freien Raum betrug die Reichweite zirka 8 m, mit einer Betonwand dazwischen noch 5 m, und mit den Sensoren im Klimaschrank sowie dem Datenlogger außerhalb des Klimaschranks ca. 0,5 m. Daher wurde der Datenlogger auf dem Klimaschrank abgestellt, wenn Messungen im Klimaschrank stattfanden. Zur ständigen Überwachung wurde der Empfangs-Datenlogger mit einem PC nahe des Klimaschranks verbunden. Via Remote-Zugriff konnte auf einen PC auf den angeschlossenen Datenlogger zugegriffen und die Daten überprüft werden. Fazit In dieser Forschungsarbeit wurde ein System entwickelt, mit dem flexible Kunststoff-Folien bezüglich ihrer Wasserdampfdurchlässigkeit getestet werden können. Das System ist im Vergleich zu industriellen Testverfahren sehr kostengünstig. Die Testaufbauten sind in der Konstruktion einfach gehalten, was zum einen Fehlerquellen reduziert und zum anderen einen schnellen Aufbau ermöglicht. Bilder: 01 MSR Electronics, 02 Hochschule Furtwangen Literatur: [1] Denis Horn, Michael Engel: Aufbau eines Teststandes zur Messung von Wasserdiffusionsbarrieren für flexible Leiterfolien. Hochschule Furtwangen, Juli 2018 www.msr.ch Multisensor-Plattform mit RTU •Temperatur •Feuchte •Druck •Luftqualität +49 911 37322-0 @ info@fuehlersysteme.de •Strömung •Helligkeit •Bewegung •Meteorologie www.fuehlersysteme.de 27.-29.11.2018 sps ipc drives Nürnberg Halle 4A -Stand 425 FuehlerSysteme.indd 1 31.10.2018 11:26:08 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2018 41