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Industrielle Automation 6/2017

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Industrielle Automation 6/2017

SENSORIK UND MESSTECHNIK

SENSORIK UND MESSTECHNIK Jedes Bein des Spaceclimber besteht aus vier Gelenken, in denen sich jeweils ein MR-basierter Positionssensor befindet Bereit für die nächste Robotergeneration Magnetoresistive Sensoren erfüllen die Anforderungen der Weg- und Winkelerfassung in Robotergelenken und -händen Roboter spielen in der Industrie sowie Forschung und Entwicklung eine immer wichtigere Rolle. Dementsprechend steigen die Anforderungen an die Sensoren, die eingesetzt werden, um die Position des Roboterarms bzw. -greifers zu erfassen. Hier kommen vermehrt Winkel- und Wegmesssysteme, die auf magnetoresistiven Sensoren beruhen, zum Einsatz. So können inkrementelle und absolute Messungen in einer Vielzahl von unterschiedlichen Konfigurationen durchgeführt werden. Dr. Rolf Slatter, Dipl.-Ing (FH) René Buß, Sensitec GmbH, Lahnau ten und kooperativen Robotern etabliert. Zu den wichtigsten Forschungsbereichen gehören Leichtbauroboter für die Mensch- Roboter-Kollaboration (MRK), humanoide Roboter, bionische Roboter, Exo-Skelette und miniaturisierte Roboter. Sie alle bedingen nicht nur neue Antriebsprinzipien, sondern erfordern auch Neuentwicklungen im Bereich der Sensortechnologie. Neue Anforderungen für Positionssensoren Die Anforderungen an Positionssensoren für die Erfassung von Weg oder Winkel in Robotergelenken oder -händen sind vielfältig. Die Abmessungen sollen immer kleiner und die Konstruktion extrem leicht sein. Zudem besteht die Notwendigkeit einer großen, zentralen Hohlwelle, um die Durchführung von Kabeln, Wellen und so weiter Robotik ist ein sehr „bewegter“ Bereich, wenn es um Forschung und Entwicklung geht. Seit den späten 1970er-Jahren mit der ersten breitflächigen industriellen Nutzung von stationären Robotern wird die Mehrzahl von Robotern noch immer in Fertigungsumgebungen für Großserien unter streng kontrollierten Bedingungen eingesetzt. Seit Beginn des neuen Jahrhunderts hat sich eine neue Generation von mobilen, intelligenzu ermöglichen. Die Positionssensoren müssen unter zunehmend schwierigen Bedingungen (niedrige beziehungsweise sehr hohe Temperaturen, Strahlung usw.) arbeiten und die funktionale Sicherheit (mindestens bis Safety Integrated Level SIL3) muss gewährleistet sein. Viele Sensortechnologien sind bisher nicht in der Lage, die vielfältigen Anforderungen zu erfüllen. Herkömmliche Resolver werden für die indirekte Messung der Gelenkwinkel in Industrierobotern eingesetzt. Der Resolver ist üblicherweise an der Motorwelle angebracht und liefert absolute Winkelinformation für Position und Motorkommutierung. Obwohl Resolver eine robuste Technologie darstellen, können sie einige der geforderten Eigenschaften nicht erfüllen. Sie sind „schwer“ und verfügen nur über eine begrenzte zentrale Hohlwelle. Außerdem bieten sie nur eine begrenzte Konstruktionsfreiheit in Bezug auf Form und Abmessung. Optische Drehgeber werden in Industrierobotern selten eingesetzt. Eine zentrale Hohlwelle ist möglich, aber optische Geber sind nicht besonders robust und sehr anfällig gegenüber Kontamination. Zudem sind optische Geber nicht geeignet für Anwendungen mit einer Vibrationsoder Schockbelastung. Magnetische Geber sind eine Alternative zu konventionellen Lösungen. Sie werden immer häufiger in der Industrieautomation eingesetzt und ersetzen Resolver und optische Drehgeber.

SENSORIK UND MESSTECHNIK 01 MR-Sensoren für die präzise Erkennung von hochdynamischen Bewegungen und Positionen, z. B. in Automatisierungssystemen, in der Luft- und Raumfahrt oder in der Automobilproduktion Es gibt verschiedene Arten von magnetischen Sensoren, aber die stärksten Wachstumsraten verzeichnen Sen soren, die auf dem magnetoresistiven Effekt basieren. Grundlagen magnetoresistiver Sensortechnologie Magnetoresistive Sensoren basieren auf verschiedenen Technologien: dem anisotropen magnetoresistiven Effekt (AMR), dem Giant magnetoresistive Effekt (GMR) und dem Tunnel magnetoresistiven (TMR) Effekt. Die MR-Effekte verfügen über Vorteile, die alle dazu beigetragen haben, dass sich MR-Sensorik als richtige Wahl in den anschließend beschriebenen Anwendungen erwiesen hat. So bietet sie eine hohe Auflösung, hohe Genauigkeit und eine hohe Dynamik mit einer Bandbreite bis über 10 MHz. Zudem ist die MR-Sensorik sehr robust mit hoher Unempfindlichkeit gegenüber Öl, Schmutz und sehr hohen oder sehr niedrigen Umgebungstemperaturen. Hohe Zuverlässigkeit, kleine Abmessungen, niedrige Leistungsaufnahme und lange Lebensdauer durch verschleißfreien Betrieb sind weitere Vorteile. Humanoider Roboter Der mobile humanoide Roboter Rollin’ Justin aus dem Robotik- und Mechatronik- Zentrum des DLR bietet eine Forschungsplattform für autonome mobile Manipulation in menschlicher Umgebung mit hoher Fingerfertigkeit. Die nachgiebigen Leichtbauarme und Vierfingerhände machen ihn zu einer idealen Plattform für die Forschung zur feinfühligen, beidhändigen Manipulation. Die mobile Basis ermöglicht einen autonomen Betrieb über eine große Reichweite. Der Oberkörper auf Basis von LBR-Technologie und die mobile Plattform erweitern den Arbeitsbereich der Arme und Hände. Beide Arme des Roboters verfügen über sieben Gelenke und beide Hände haben je vier Finger. Der Arm wiegt 13,5 kg, kann aber Gewichte bis zu 15 kg heben. Eine Besonderheit ist die Vollintegration der gesamten Leistungselektronik in die Armstruktur. Jedes Gelenk verfügt über einen Positionssensor basierend auf der MR- Technologie. Eine weitere Entwicklungsstufe beinhaltet ein anthropomorphisches Hand-Arm-System für zukünftige Service- Roboter. Dies sollte ähnliche kinematische, dynamische und kraftführende Eigenschaften wie der menschliche Arm besitzen. Das hochintegrierte mechatronische System verfügt über 52 Antriebe und nutzt 112 Positionssensoren, viele davon auf MR-Basis. Die mobile Plattform des Roboters, die autonomen Betrieb über lange Reichweiten ermöglicht, ist auch mit mehreren MRbasierten Geberbausätzen bestückt. Bionischer Roboter 02 Im Marsrover kommen insgesamt 40 MR-Sensoren zum Einsatz Am DFKI Robotics Innovation Center wurde seit vielen Jahren an bionisch inspirierten Robotern für Raumfahrtanwendungen geforscht. Besonderes Augenmerk wurde auf Roboter mit Beinen gelegt, da diese eine höhere Mobilität im Vergleich zu Robotern mit Rädern oder Ketten zur Fortbewegung aufweisen. Roboter mit Beinen können Krater und Canyons erkunden, die für Planetenerkundungsrover mit Rädern unzugänglich sind. Geologische Beschaffenheiten sind von wissenschaftlichem Interesse, da sie Aufschluss über Sedimentschichten oder Spuren von Wasser und Eis geben, die auf der Oberfläche des Planeten in der Regel nicht zu finden sind. Spaceclimber ist ein bionisch-inspirierter, energieeffizienter, sechsbeiniger Kletterroboter für außerirdische Erkundungen. Er wurde so konstruiert, dass er sich frei und sicher in Kratern bewegen sowie Steigungen bis 80 % und Hindernisse bis zu 40 cm hoch überwinden kann. Zudem kann er sich halbautomatisch navigieren und wissenschaftliche Instrumentenlast bis zu 20 kg tragen. Jedes Bein besteht aus vier Gelenken mit bürstenlosen Motoren von Robodrive, die hochuntersetzende spielfreie Harmonic Drive Getriebe antreiben. Jedes Gelenk verfügt über einen MR-basierten Positionssensor. Planetenrover Als besonders schwierig gelten Roboteranwendungen auf Planeten, z. B. im Marsrover Curiosity. Es handelt sich praktisch um ein fahrendes Labor, denn Roboterarm, Kameramast, Antenne und Instrumente werden elektromechanisch angetrieben. Um die Bewegungen der Motoren zu regeln, wurde der Cold Encoder entwickelt. Zwei AMR-Sensoren pro Motor werden für die inkrementelle Winkelmessung eingesetzt. Insgesamt kommen 40 MR-Sensoren zur Anwendung. Fotos: Spaceclimber: DFKI GmbH / Robotics Innovation Center Bremen, Rollin‘ Justin: DLR, Robotics and Mechatronics Center, 01 Sensitec GmbH, 02 NASA/JPL-Caltech www.sensitec.com CE-CON.indd 1 27.03.2017 07:49:52 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2017 41