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Industrielle Automation 5/2019

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Industrielle Automation 5/2019

INDUSTRIELLE

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Damit die Energiebilanz stimmt Monitoring-Software als Schlüssel zu einer ressourcenschonenden Industrie 4.0 Ob in geringem oder hohen Maße – die Digitalisierung kann für kleine und mittlere Unternehmen mit hohen Investitionen verbunden sein. Ein Automatisierungsspezialist will das ändern und bringt deshalb sein Know-how in das sogenannte titan-Forschungsprojekt ein. Hier entwickeln Fachleute aus Wirtschaft und Forschung eine wirtschaftliche Monitoring-Software, die u. a. Predictive Maintenance-Anwendungen ermöglichen soll. chen, sondern auch IT-Experten und Wissenschaftler. Jeder Partner bringt seine Kenntnisse und Fähigkeiten ein, sodass den Planern detailliertes Wissen aus den Anwendungsbereichen Drucktechnik, Inspektionssysteme, Gebäudetechnik, Schifffahrt und Automatisierungstechnik zur Verfügung steht. Ein zukunftsgerichtetes Projekt Hesch wurde 2018 auf das titan-Projekt aufmerksam. Auf der Fachmesse „all about automation“ in Hamburg lernte Vertriebsleiter Uwe Glockmann Oliver Dissars, einen der Geschäftsführer des Kieler Software- Spezialisten wobe-systems GmbH, kennen. Die Firma entwickelt u. a. Software für die industrielle Automatisierung, die Systemintegration und die Nutzung von Produktions- Es sind ambitionierte Ziele, die sich die Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft gesetzt haben: Sie wollen eine Plattform schaffen, auf der verschiedene IT- Systeme eines Unternehmens zusammengefasst werden. Die titan-Software soll die Daten aller Maschinen und Anlagen eines Betriebes sammeln. In einem virtuellen Leitstand werden sie dann angezeigt und geben dem Personal wichtige Informationen für die Prozessoptimierung. titan soll als OpenSource-Lösung für alle Anwender frei zugänglich sein, d. h. jeder Nutzer wird die Plattform erweitern und an seine Anforderungen anpassen können. Was sich einfach anhört, ist in Wirklichkeit eine hochkomplexe Angelegenheit. Aus diesem Grund beteiligen sich an dem vom Bund geförderten Projekt nicht nur Unternehmen aus den verschiedensten Brandaten. Wobe-systems arbeitete zu dem Zeitpunkt bereits gemeinsam mit Informatikern der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) an der Entwicklung der titan-Software. Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Wilhelm Hasselbring suchen seit zwölf Jahren nach Möglichkeiten, Software-Ressourcen mithilfe einer Software-Plattform zu überwachen. Das titan-Projekt riefen sie ins Leben, um auf Basis ihres bisher gesammelten Knowhows eine Monitoring-Software für das produzierende Gewerbe zu programmieren. Mit wobe-systems fanden sie einen versierten Partner aus der Praxis, der schon viele ähnliche Projekte realisiert hatte. Prozessoptimierungen und Kosteneinsparungen Hesch entwickelt und fertigt Automatisierungslösungen für verschiedenste Branchen und ist mit den Prozessen in zahlreichen industriellen Anwendungen vertraut. Das Unternehmen vertritt deshalb in dem Projekt die Interessen der Automatisierungstechnik. „Wir nehmen quasi die Rolle eines Bettina Deihim, Marketingbeauftragte, Hesch Industrie-Elektronik GmbH, Neustadt 34 INDUSTRIELLE AUTOMATION 5/2019

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Abreinigungssteuerung optimiert die Energiebilanz Anhand eines 500-kW-Lüfterantriebs lässt sich eindrucksvoll darstellen, wie hoch die Energieeinsparung durch eine Anpassung des Differenzdruck-Sollwertes sein kann. Bei einer Reduzierung des Stromverbrauchs um etwa 10 %/h (50 kW/h) würden pro Tag 1 200 kWh gespart. Nimmt man einen Strompreis von 5 C/kWh an, würden am Tag 60 EUR, im Monat 1 800 EUR und im Jahr fast 22 000 EUR gespart. „Unsere Abreinigungssteuerung HE 5750 (Bild) für Großanlagen kostet etwa 15 000 Euro“, rechnet Werner Brandis vor. „Da hat der Anwender die Investition in weniger als einem Jahr schon wieder raus.“ Ein weiterer Pluspunkt der Abreinigungssteuerung ist ihre Industrie-4.0-Fähigkeit. Differenzdruckregler helfen Unternehmen dabei, Filter ihrer Entstaubungsanlagen energieeffizient abzureinigen, z. B. in Chemiewerken Eine datengetriebene Industrie kann der Schlüssel zu einer ressourcenschonenden und damit auch umweltfreundlichen Industrie 4.0 sein potentiellen Anwenders der Software ein“, berichtet Uwe Glockmann. „Für das Projekt ist diese Perspektive wichtig, damit die Ergebnisse allgemeinverständlich und praktisch umsetzbar sind.“ Die titan-Software soll besonders kleinen und mittleren Unternehmen helfen, ihre Anlagen zu digitalisieren. Mit den gewonnenen Daten können sie z. B. ihre Energieressourcen überwachen und feststellen, wann Spitzenlasten auftreten. Das Wissen um diese Spitzenstromlasten ist wichtig, denn auf Basis dieser Werte berechnen Energieversorger oftmals den Grundstrompreis. Titan versetzt die Unternehmen in die Lage, ihren Energieverbrauch genau zu verfolgen und Prozesse zu optimieren. So verringern sich die Spitzenlasten und ihre Stromkosten sinken. „Eine datengetriebene Industrie kann der Schlüssel zu einer ressourcenschonenden und damit auch umweltfreundlichen Industrie 4.0 sein“, ist Prof. Hasselbring überzeugt. Für produzierende Unternehmen bringt titan zudem noch weitere Vorteile, denn die Software soll auch die vorausschauende Wartung ermöglichen (Predictive Maintenance). So können Bauteile, die kurz vor dem Verschleiß stehen, rechtzeitig erkannt und im laufenden Betrieb ausgetauscht werden. Teure Stillstandzeiten lassen sich auf diese Weise vermeiden. Ausgewogene Energiebilanz in Filteranlagen Auch im Bereich Filtertechnik könnten mit der titan-Software deutliche Prozessoptimierungen erzielt werden. Hesch-Geschäftsführer Werner Brandis weiß aus langjähriger Erfahrung, wie wertvoll die Daten sind, die an Filteranlagen erhoben werden können. Sein Unternehmen entwickelt und fertigt u. a. Differenzdruckregler, Ventilsteuerungen und Abreinigungssteuerungen für Entstaubungsanlagen. „An Filteranlagen kommt es oft zu einer Überreinigung“, berichtet Brandis, „das heißt, die Filter werden häufiger abgereinigt als erforderlich. Diese überflüssige Reinigung verursacht hohe Kosten, denn dabei wird jedes Mal teure Druckluft und Strom verbraucht. Mit einer Differenzdruckmessung und einer entsprechenden Steuerung kann man die Abreinigungszeiten optimal an die jeweilige Anwendung anpassen.“ Da die titan-Software zudem in der Lage sein wird, die Ausgangssignale der Filtersteuerungen und Sensoren von Hesch zu verarbeiten, ergeben sich für Unternehmen weitere Möglichkeiten, ihre Energiebilanz zu optimieren. Einsparpotenzial besteht auch bei der elektrischen Energie, die zum Betrieb des Lüfters in Entstaubungsanlagen benötigt wird. Durch eine dynamische Anpassung des Differenzdruck- Sollwertes an den Volumenstrom kann die Zahl der Abreinigungsimpulse gesenkt werden. Auf diese Weise reduziert sich auch der Stromverbrauch des Lüfters. Bilder: Aufmacher Gorodenkoff, Fotolia, Bild 01 Lichtfreibeuter, Fotolia + Einklinker Hesch, Bild Infokasten Hesch www.hesch.de INDUSTRIELLE AUTOMATION 5/2019 35