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INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/2022

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/2022

NEWS & TRENDS Die

NEWS & TRENDS Die Chemieindustrie zählt mit ihren anfallenden Treibhausgasemissionen mit zu den energieintensivsten Industrien. Der Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) analysierte bereits 2019 in der sogenannten „Roadmap 2050“ die technologischen Voraussetzungen, wie die chemisch-pharmazeutische Industrie ihr Ziel, vollständig CO 2 -neutral zu werden, erreichen kann. Nötig seien dazu neue Prozesstechnologien in der Basischemie und viel Strom aus erneuerbaren Energien. Von welchen neuen Prozesstechnologien sprechen wir und wie kann Pepperl+Fuchs diese Transformation mitgestalten? Automatisierungslösungen für die Prozessindustrie gehören seit jeher zum Geschäftsfeld von Pepperl+Fuchs. Wie steht es um weitreichende Veränderungen in der Öl- und Gasindustrie? Welche grundlegenden Veränderungen sehen Sie bereits heute in diesen Bereichen? GUNTHER KEGEL: Man sollte mit dem Abgesang auf Öl und Gas erst beginnen, wenn ausreichend Alternativen zur Verfügung stehen. Sonst werden die Kapazitäten zu schnell reduziert und wir erleben – so wie im Moment – eine regelrechte Explosion der Öl- und Gaspreise. In den Klimazielen der deutschen Bundesregierung spielen Wasserstoff und Power-to-Liquid-Verfahren eine große Rolle – allesamt potenzielle Applikationen für unsere Explosionsschutzlösungen, aber auch Sensorik wie Ventilstellungsrückmeldung und Identifikationssysteme werden dort gebraucht. Das Geschäft für die Prozessautomation wird auch im Bereich der Ex-Trennbausteine wachsen. Je mehr Wasserstoff-Elektrolyseure und Raffinerien für synthetischen Brennstoff gebaut werden, desto mehr Geschäft kommt für uns hinzu. Kann Pepperl+Fuchs mit seinen Produkten und Technologien dazu beitragen, dass die Öl- und Gasindustrie als ein wesentlicher Baustein in der heutigen Energieversorgung Teil der klimaneutralen Transformation ist? GUNTHER KEGEL: Öl und Gas sind Brückentechnologien, die als Energieträger Zug um Zug durch elektrische Energieträger Wasserstoff, Biogas und synthetische Brennstoffe abgelöst werden. Bei diesem Umbau werden unsere Produkte in wachsendem Ausmaß gebraucht. Dabei brauchen wir kein eigens dafür entwickeltes „grünes“ Produkt. Dem Sensor oder der 2-Draht- Ethernet-Technologie ist es egal, ob sie in einer konventionellen Anlage mit hohem CO 2 -Ausstoß oder beispielsweise in einer Anlage zur Wasserstoff-Elektrolyse eingesetzt werden. Die Anforderungen der neuen, klimaschonenden Maschinen, Anlagen und Prozesse werden zukünftig aber auch neue Anforderungen an die Funktionalität unserer Produkte, Systeme und Lösungen hervorbringen. Der eigene „Carbon-Footprint“ unserer Produkte spielt dabei eine absolut untergeordnete Rolle. GUNTHER KEGEL: In der chemischen Industrie werden fast die Hälfte der fossilen Brennstoffe als Grundstoff zur Produktherstellung genutzt, in der der Kohlenstoff in der Regel gebunden bleibt. Die fossilen Grundprodukte durch nachwachsende, organische Rohstoffe zu ersetzen, ist technisch möglich, aber noch nicht auf dem Niveau von Großanlagen verfügbar. Es erscheint im Moment aber lohnenswerter, die entstehenden Produkte vollständig zu recyceln und so den Bedarf an Gas und Öl als Rohmaterial weiter zu reduzieren. Diese fossilen Energieträger vollständig zu substituieren, kann über viele Wege erfolgen. Die thermischen Prozesse lassen sich beispielsweise direkt elektrifizieren. Das Gas kann durch grünen Wasserstoff ersetzt werden oder die erneuerbare Energie wird in Power-to-Liquid- Verfahren genutzt, um synthetische Brennstoffe zu erzeugen. AUTOMATISIERUNG MUSS GANZHEITLICH GEDACHT WERDEN, WENN MAN EFFIZIENZ- POTENZIALE HEBEN WILL All das ist möglich, aber in Großanlagen noch wenig umgesetzt, auch weil der Strom noch viel zu teuer ist. Für diese Industrien sind also die Transformationsaufwendungen und Herausforderungen viel größer als bei uns in der Elektronikindustrie, aber wir brauchen die enge Zusammenarbeit zwischen uns Automatisierungsspezialisten und unseren Kunden, um zusammen neue energieeffiziente Lösungen zu entwickeln. Ohne unsere großen Anwender werden wir allein keinen messbaren Beitrag zum Klimaschutz erzeugen können. Die Nähe zu den großen Unternehmen wie der Chemie ist für unsere Innovationkraft von entscheidender Bedeutung. Als wesentlicher Punkt der Klimaneutralität wird der Ausbau der erneuerbaren Energien angesehen. Pepperl+Fuchs ist mit seinen Sensorlösungen in den Bereichen Windenergie und der automatisierten Herstellung von Photovoltaikanlagen seit Jahren präsent. Welches Potenzial sehen Sie in den kommenden 10 Jahren? GUNTHER KEGEL: Egal ob in direkter Form, als Wasserstoff oder als Power-to-Liquid – der erneuerbare elektrische Strom ist ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität. In Deutschland sollen bis 2050 etwa 2.000 TWh aus erneuerbaren Quellen stammen, das ist genau acht Mal so viel wie heute. Zusätzlich wollen wir aber aus dem Ausland 600 TWh in Form von Wasserstoff und Power-to-Liquid einkaufen. Das setzt entsprechende erneuerbare Stromkapazitäten überall auf der Welt voraus. Für uns ist das eine riesige Chance. Unsere Geschäfte werden entlang der Ausbauszenarien mitwachsen. Wir können unsere 10 INDUSTRIELLE AUTOMATION 2022/04 www.industrielle-automation.net

NEWS & TRENDS Umsätze im Bereich Windenergie und Photovoltaik also sicher verdreifachen. Großes Potenzial sehen wir entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette, angefangen bei der Energieerzeugung über Elektrolyse, Speicherung und Transport bis hin zur Wasserstoff-Tankstelle und dem industriellen Einsatz. Pepperl+Fuchs trägt als Markenfarbe ein charakteristisches Grün. Inwieweit finden sich Effizienz und ökologische Nachhaltigkeit in der Unternehmensgruppe wider? GUNTHER KEGEL: Unsere weltweiten Fertigungsstätten und Distribution Center sind auf dem neuesten technischen Stand und mit effizienten Automatisierungslösungen ausgestattet. Der Großteil der Treibhausgase, die in den Emissionskategorien (Scopes) 1 und 2 des Greenhouse Gas Protocols aufgelistet sind, entfällt bei Pepperl+Fuchs auf den Dieselkraftstoff unserer Dienstfahrzeugflotte und die gasbetriebenen Heizungsanlagen. Hier haben wir einige wenige mögliche Handlungsfelder. In Zukunft werden wir eher mehr Beiträge bei der Rücknahme und dem Recycling unserer Produkte leisten müssen. Alle Komponenten, die wir in unseren Produkten verbauen, sind werthaltig und sollten wiederverwertet werden. Hier bauen wir die Dokumentation der Materialverwendung auf. Die Möglichkeit des Recyclings wird in Zukunft auch in unseren Entwicklungs- und Konstruktionsprozessen Berücksichtigung finden müssen. Immerwährender digitaler und technologischer Wandel hatten bereits Einfluss auf die Ausrichtung der Unternehmensziele. Aus diesem Grund wurde eigens eine „Digitale Agenda“ ins Leben gerufen. Sollte es nicht auch eine „Klimaagenda“ geben, wie Pepperl+Fuchs selbst klimaneutral wird? GUNTHER KEGEL: Ja, wir entwickeln zurzeit nicht nur eine „Digitale Agenda 2.0“ sondern auch eine „Nachhaltigkeitsagenda 1.0“, die unter anderem auch CO 2 -Emissionsziele ausweist. Ende des Jahres wollen wir unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht erstellen. Dabei ist die Agenda recht schnell definiert: Dazu zählen die Umstellung aller Stromverträge auf „grünen“ Strom, die Einrichtung von Ladesäulen auf den Werksgeländen, genauso wie die Anpassung von Leasingverträgen für Dienstfahrzeuge auf E-Mobilität. Die wenigen positiven Auswirkungen, die uns die Corona-Krise gebracht hat, nämlich dass Web-Meetings viele Flug- und Geschäftsreisen ersetzen können, möchten wir auch zukünftig beibehalten. Unsere Gasheizungen sollten, wo immer möglich, auf Wärmepumpen umgestellt werden und natürlich wird auch die energetische Sanierung der Liegenschaften eine Rolle spielen. Ich bin sicher, dass wir schon in den nächsten 15 Jahren einen guten Teil unserer Ziele erfüllt haben werden. Gibt es bereits konkrete Schritte bei Pepperl+Fuchs in Richtung Klimaneutralität? GUNTHER KEGEL: Die gibt es in der Tat. Ein Beispiel sind die Beipackzettel, die jedem einzelnen Produkt beiliegen. Im letzten Jahr haben wir begonnen bei der ersten Produktlinie diese durch einen gelaserten QR-Code auf dem Sensor und auf dem Verpackungslabel zu ersetzen, sodass alle Informationen digital abgerufen werden können. Damit konnten wir im Jahr 2021 allein bei einer einzigen Produktlinie etwa acht Tonnen Papier einsparen – und für die Herstellung einer Tonne Papier braucht es im Schnitt 24 Bäume und viel Wasser. Unser Ziel ist es, nach und nach die Beipackzettel aller Produktlinien nur noch digital bereitzustellen. Wird Pepperl+Fuchs bis 2045 weltweit klimaneutral produzieren können? GUNTHER KEGEL: Ja, das werden wir. Die Herausforderungen für uns sind vergleichsweise klein und der viel größere Hebel liegt allemal in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Aber auch wir werden unseren Beitrag leisten. Bilder: Schmuckbild tope007 – stock.adobe.com; Pepperl+Fuchs www.pepperl-fuchs.com Echtzeitdaten vom Shopfloor IO-LINK WIRELESS ZUR DRAHTLOSEN EINBINDUNG VON IO-LINK GERÄTEN • Lässt sich nahtlos in PROFINET-, EtherNet/IP- und EtherCAT-Netzwerke integrieren • Universelle Lösung zur Last-Mile-Instrumentierung von Anlagen mit IO-Link- Sensoren und -Aktoren • Zwei parallele IO-Link Wireless Transmission-Tracks ermöglichen die gleichzeitige Kommunikation mit bis zu 16 IO-Link Wireless Device • Integrierter Companion-Spec-konformer OPC UA-Server für nicht-echtzeitrelevante Daten www.hilscher.com/netFIELDWireless