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Industrielle Automation 4/2015

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Industrielle Automation 4/2015

INDUSTRIELLE

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Frühzeitig Fehler erkennen Warum eine ganzheitliche Zustandsanalyse industrieller Netzwerke und Bussysteme sinnvoll ist Gerhard Bäurle Im Zuge von „Industrie 4.0“ rückt der zunehmende Vernetzungsgrad immer weiter in den Fokus. Das Thema vorbeugende Instandhaltung von industriellen Netzwerken und Feldbussystemen wird jedoch häufig vernachlässigt. Dabei kann das Risiko von Maschinen- und Anlagenausfällen durch eine permanente Zustandsüberwachung minimiert und bereits die erste Busstörung vermieden werden. wiederholungen im definierten Bereich bleibt, leuchten alle LEDs grün und es wird kein Fehler gemeldet. „Daher gibt es in der Praxis oft den Trugschluss, dass alles in Ordnung ist, wenn die Kommunikation läuft“, berichtet Hans-Ludwig Göhringer von IVG Göhringer. Bei mechanischen Baugruppen wie Getrieben oder Pumpen ist das einfacher. Sie verschleißen linear oder analog zur Belastung. Falls die Lebensdauer nicht prognostizierbar ist, sind zumindest Erfahrungswerte vorhanden, anhand derer die Wartung geplant werden kann. „Der zweite Unsicherheitsfaktor ist die aufwändige Messtechnik und das Expertenwissen, das für eine umfassende Bus- und Telegrammanalyse benötigt wird“, so Hans-Ludwig Göhringer. Das Unternehmen hat sich ein umfassendes Know-how im Bereich der Feldbusinstandhaltung angeeignet und wird häufig als Troubleshooter zu Anlagenstillständen gerufen. Verschleißeffekte an der Feldbusinstallation Bei der Datenübertragung müssen die Signale von den Busteilnehmern eindeutig als „0“ oder „1“ erkannt werden. Die elektrische Übertragung erfolgt über eine ge- Zugegeben, die Wartung und Instandhaltung von Netzwerken und Bussystemen ist nicht trivial. Das liegt daran, dass die Alterung und der Verschleiß von Bussystemen nicht greifbar und nicht quantifizierbar sind. Spezielle Mechanismen wie die automatische Telegrammwiederholung gleichen Fehler in einem gewissen Umfang aus, ohne dass der Anwender etwas davon merkt. Solange die Anzahl der Telegrammschirmte Zweidrahtleitung als Spannungsdifferenzsignal. Dabei überträgt die erste Ader das originäre und die zweite das invertierte Signal. Im Idealfall liegt die Spannungsdifferenz bei mindestens 4,4 V, bei neuerer Profibushardware auch höher. Selbst wenn die Spannungsdifferenz auf 0,8 V abfällt, werden die Telegramme in Installationen ohne Repeater noch einwandfrei empfangen. Das ergibt eine Reserve (auch Störabstand genannt) von 3,6 V bei korrekt installierten Systemen. „Dieser Störabstand bietet zwar enorme Reserven – aber neben der Alterung von Bauteilen wie Kondensatoren wirken über den gesamten Lebenszyklus immer wieder Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Kühlmittel, Lösungsmitteldämpfe, Vibrationen und Wechselbiegebelastungen auf die Feldbusinstallation“, erläutert Hans-Ludwig Göhringer. Spätestens ab der Inbetriebnahme hinterlassen diese Einflüsse ihre Spuren in Form von Verschleißeffekten an der Businstallation. Ohne Instandhaltungsmaßnahmen ist der Störabstand früher oder später verbraucht und es kommt zu einem Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Bäurle, Fachjournalist, für IVG Göhringer 26 INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/2015

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Anlagenstillstand. Beispiele für eine Alterung sind u. a. Oxidation von Kontaktoberflächen, Verschmutzung von Kontakten durch Staub, Öl, Kleber und Metallstaub sowie Kabelbrüche im Kabelschlepp. Analyse von Verbaufehlern gemäß PNO-Planungsrichtlinie Der Verschleiß ist nicht mess- oder prognostizierbar. Als geeignete Strategie hat sich die permanente Zustandsüberwachung bewährt. Bevor sie sinnvoll erfolgen kann, müssen die Verbaufehler beseitigt werden, z. B. im Rahmen einer Grundinspektion entsprechend der Planungsrichtlinie der PNO. Diese umfasst neben einer Sichtprüfung auch physikalische und logische Messungen, sodass erkannte Fehler behoben werden. Bei der Sichtprüfung geht es um die korrekte Verlegung der Busleitung und die Einhaltung der erforderlichen Abstände. Bei den physikalischen Messungen werden die elektrischen Eigenschaften hinsichtlich Kabelbrüchen, Kurzschlüssen und Leitungslängen geprüft. Diese Arbeiten sind nur bei einem Anlagenstillstand möglich, da dabei die Busverbindungen aufgetrennt werden müssen. Die EMV-Messungen und die logischen Messungen können dagegen im laufenden Betrieb stattfinden. Sie umfassen u. a. die korrekte Adressvergabe an die Busteilnehmer und den Telegrammverkehr. Dabei entsteht ein Abnahmeprotokoll, das als Nachweis für eine fehlerfreie Installation und für spätere Messungen als Referenz dient. Nach Umbauten oder Erweiterungen ist es sinnvoll, diese Abnahme zu wiederholen, um einen definierten Ausgangszustand zu haben. Busstörungen erkennen und signalisieren Die Systematik, dass durch spezielle Mechanismen wie die automatische Telegrammwiederholung Fehler in einem gewissen Umfang ausgeglichen werden, machen sich die Quicktester von IVG Göhringer zunutze. Die Diagnose-Module werden an einer beliebigen Stelle auf den Feldbus gesteckt und arbeiten dort rückwirkungsfrei. Sie messen keine physikalischen Größen, sondern zeichnen Fehler auf Protokollebene auf. Die Quicktester erkennen eine Verschlechterung der Buskommunikation durch typische Profibus-Fehler wie Fehltelegramme, Telegramm-Wiederholungen und Diagnosemeldungen. Solche Fehler werden per LED und über einen potenzialfreien Alarmkontakt signalisiert. Solange die Anzahl der Telegrammwiederholungen nicht überhandnimmt, läuft die Kommunikation ohne Einschränkung weiter. Der potenzialfreie Alarmkontakt der Diagnose-Stecker löst zur Anzeige eines Fehlers eine Warnleuchte oder eine Sirene aus. Zudem ist es möglich, den Alarmkontakt über die übergeordnete Steuerung auszuwerten. Neben dem Diagnose-Modul P-QT 10 für Profibus ist das C-QT 15 für CAN verfügbar. Durchführung einer routinemäßigen Busprüfung Um Ausfallkosten zu verhindern, sollte es das Ziel sein, schon die erste Busstörung zu vermeiden. Tritt das erste Fehltelegramm auf, so ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Businstallation auf oxidierte Stellen abzusuchen und so Fehltelegramme zu provozieren. Dazu wird die Maschine in die Grundstellung gefahren, das Diagnose- Modul mit Hupe aufgesteckt und die kritischen Stellen durch Rütteln oder Abklopfen physisch belastet. Kommt es zu Fehltelegrammen, so spricht der Quicktester sofort an und die Hupe signalisiert die betreffende Stelle. Da die Maschine oder Anlage in Grundstellung ist, kann die schadhafte Komponente sofort ausgewechselt werden. Dieses Verfahren kann auch im jährlichen Turnus durchgeführt werden. Eine Schulung oder spezielle Feldbuskenntnisse sind nicht erforderlich. Vor allem in der Prozesstechnik sind das Ausräumen einer Anlage und der Wiederanlauf mit einem hohen Aufwand verbunden. „Trotzdem habe ich hin und wieder den Eindruck, dass es den Verantwortlichen an der notwendigen Sensibilität mangelt“, spricht Hans-Ludwig Göhringer aus seiner täglichen Erfahrung und ergänzt: „Ein augenscheinlich fehlerfrei arbeitendes Bussystem kann seinen Störabstand nahezu aufgebraucht haben und schon bei der nächsten Schwankung der Temperatur oder Luftfeuchtigkeit auf Störung gehen.“ www.i-v-g.de 01 Fehler in der CAN-Kommunikation werden über die integrierten Status-LEDs und über einen Alarmkontakt signalisiert 02 Der P-QT 10 signalisiert kritische Zustände in der Profibus-Kommunikation wie Fehltelegramme optisch per LED und akustisch per Sirene Kurz & bündig: CAN-Bus Anlagen logisch überwachen Mithilfe des CAN Quicktester können Anlagenbetreiber auf einfache Art und Weise eine Überwachung ihres Bussystems durchführen: anstecken, Busstatus ablesen und bei Bedarf über das Gerät oder eine PC-Software die Fehlerkriterien für den Alarmausgang einstellen. Er wurde in Form eines D-Sub 9 Feldbussteckers konzipiert und wird via Plug & Play in die bestehende und laufende Anlage integriert. Dort erkennt er automatisch die Baudrate und beginnt selbstständig den gesamten Busverkehr zu analysieren. Als passiver Bus-Teilnehmer ermittelt er rückwirkungsfrei und kontinuierlich typische Kennwerte einer CAN-Kommunikation und vergleicht diese mit den eingestellten Triggerkriterien. Sobald mindestens eines der Triggerkriterien erfüllt ist, wird dieser Zustand über eine Status-LED oder mit einem potentialfreien Schaltausgang signalisiert. Zu den Einsatzgebieten zählen: n Erkennung von fehlerhaften Buszuständen n Ausfallüberwachung: Erkennung von Teilnehmerausfällen und Fehlfunktionen n Nachrichtentrigger: ID- und/oder Inhaltsanalyse für ereignisgesteuerte Alarmauslösung INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/2015 27