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INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2023

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2023

DAS PASSENDE KABEL FÜR

DAS PASSENDE KABEL FÜR KRITISCHE ANWENDUNGEN ZERFALL IM ZEITRAFFER Kabel sind besonders resistent gegen Öle, Schmierstoffe und viele weitere Medien. Doch vor allem chemische Umgebungen können die Robustheit des Kabelmantels beeinträchtigen. Um dem Kabelfraß vorzubeugen, empielt sich eine Vorab-Beratung. Ist es schon zu spät, lassen sich auch im Nachhinein die Ursachen detektieren und eine passende Produktalternative finden. Als Oskar Lapp Ende der 1950er-Jahre mit Ölflex die erste Steuerleitung mit farbcodierten Adern erfand, legte er großen Wert darauf, dass diese Leitungen auch resistent gegen Öle, Schmierstoffe und viele weitere Medien sind. Das gilt bis heute und dennoch kommt es vor, dass Kunden Lapp um Hilfe bitten, weil eine Ölflex oder eine andere Leitung aus dem Produktportfolio des Unternehmens von bestimmten Chemikalien angegriffen wurde. Die Chemiker in den Laboren von Lapp finden die Ursache meist schnell. „Übeltäter ist häufig ein Additiv in einem Schmierstoff oder eine Chemikalie in einem neu angeschafften Reinigungsmittel, die mit dem Mantel des Kabels reagiert und damit eigentlich nicht geeignet ist für diese Anwendung“, weiß Tanja Wieland, Manager Kabel & Analytik bei Lapp. Das könne dazu führen, dass der Kunststoff zerstört werde – und die Produktion zum Stillstand zwinge. Die beste Versicherung gegen überraschende Ausfälle sei laut Wieland immer eine Vorab- Beratung durch Lapp. Leider nutzen Einkäufer dieses Angebot zu selten und verlassen sich stattdessen darauf, dass die Kabel, die in anderen Anwendungen gut funktioniert haben, auch diesmal passen. Dabei kann schon eine kleine Änderung in der Zusammensetzung einer Chemikalie zu einem völlig anderen Alterungsverhalten führen. Allein das Labor von Lapp in Stuttgart hat bisher 650 Medien geprüft, darunter Öle, Reinigungsmittel und Kühlschmiermittel in vielen Varianten. Jede erdenkliche Kombination vorab zu untersuchen, ist allerdings unmöglich. Denn oft wissen die Kunden selbst nicht, was genau verwendet wird. Beispiel Lebensmittelindustrie: Dort reinigen externe Firmen die Produktionsstätten 32 INDUSTRIELLE AUTOMATION 2023/03 www.industrielle-automation.net

KOMPONENTEN UND SOFTWARE ÖL IST NICHT GLEICH ÖL Für industrielle Anwendungen gibt es hunderte Öle mit unterschiedlichen Mixturen. Sie enthalten Additive, die ein Schäumen verhindern, Emulgatoren für eine innige Verbindung mit Wasser, Demulgatoren, die genau das verhindern, Additive gegen Korrosion, Oxidationsinhibitoren und vieles mehr. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Öle gleicher Bezeichnung, etwa ein Hydrauliköl HLP46, je nach Hersteller deutlich unterscheiden können. Wer sicher gehen möchte, kann Proben seiner Kabel im Labor von Lapp gegen die eingesetzten Medien testen lassen. häufig mit aggressiven Medien, wobei diese Firmen nicht angeben, welche Chemikalien diese Medien enthalten. Sogar ein Wechsel der Reinigungsfirma wird dann zu einem unkalkulier baren Risiko. Schon eine kleine Änderung in der Zusammensetzung einer Chemikalie kann zu einem völlig anderen Alterungsverhalten des Kabels führen FALLBEISPIEL: KABELZERFALL IN EINER CHEMIEFABRIK Ein spektakulärer Fall ereignete sich kürzlich in einem Chemieunternehmen in Thailand. Dort ist der Außenmantel von einigen Leitungen förmlich geschmolzen, schon nach ein bis zwei Wochen war davon nur noch eine klebrige Masse übrig. Die Experten von Lapp fanden die Ursache schnell: Caprolactam, ein Grundstoff zur Polyamid-Herstellung, der den Polyurethan-Mantel im Zeitraffer auflöste. In dem Fall kamen die Leitungen mit Staub beziehungsweise festen Flocken von Caprolactam in Kontakt. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit sogen die Flocken Wasser auf und reagierten mit dem Mantelmaterial. Mit einer Beständigkeitsprüfung fanden die Laborexperten von Lapp Leitungen, die gegen Caprolactam resistent und bis heute ohne Ausfälle im Einsatz sind. Dabei handelt es sich um Leitungen aus dem Robust- Sortiment, die auch für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie geeignet sind und zudem energiereiche UV-C-Strahlung aushalten, etwa in Geräten zur Luftdesinfektion. Lapp betreibt nicht nur am Stammsitz in Stuttgart ein Labor, unter anderem gibt es Labore auch in Italien, Frankreich, USA, Südkorea, Singapur und Indien. So kann das Unternehmen solche Anfragen schnell beantworten. Üblicherweise laufe die Prüfung wie folgt ab: Mehrere Stücke des Mantelmaterials kommen in einen Glaskolben und werden mit der Flüssigkeit bedeckt, die als Übeltäter im Verdacht steht. Dann wird die Temperatur erhöht, um den Alterungsprozess zu beschleunigen. Dieser dauert einige Tage bis Wochen. Danach folgt eine mechanische Prüfung, wo in einer Vorrichtung die Zugfestigkeit und Dehnung bestimmt und mit dem fabrikneuen Material verglichen wird. Zudem beurteilen die Laborexperten, ob das Material geschrumpft oder gequollen ist. Wenn erforderlich, wiegen sie die Probe, um zu erkennen, ob sich Teile des Materials aufgelöst haben oder ob Flüssigkeit aufgesaugt wurde. LEBENSMITTELINDUSTRIE BESONDERS KRITISCH Ecolab, ein US-Unternehmen, das Produkte und Dienstleistungen für die industrielle Reinigung und Hygiene etwa in der Lebensmittelindustrie, in Wäschereien oder Krankenhäusern anbietet, hat weitergehende Anforderungen definiert. Dort ist auch eine optische Begutachtung der Kunststoffproben notwendig, etwa ob es eine Verfärbung gibt oder ob sich die Oberfläche verändert hat. Ebenfalls von Ecolab gefordert ist eine Funktionsprüfung, wo zum Beispiel gemessen wird, ob die Spannungsfestigkeit einer Leitung gelitten hat. Ebenfalls zu einem überraschenden Ausfall kam es bei einem Produzenten von Nudeln in Italien. Dort hatten die Leitungen Kontakt mit synthetischem Getriebe- und Mehrzwecköl. Auch hier wurde der Kunststoff an manchen Stellen brüchig. Der Anwender hatte das nicht erwartet, weil er nicht einkalkuliert hatte, dass Öl und Kabel dort großer Hitze ausgesetzt sind. Bei der Prüfung im Ölbad bei 110 °C zeigten sich schon nach zwei Tagen deutliche Auflösungserscheinungen des Kunststoffs. Auch hier konnte das Lapp-Labor einen besser geeigneten Leitungstyp empfehlen. Fazit: Wer böse Überraschungen vermeiden möchte, kann sich bei der Auswahl von Kabeln vorher an die Experten von Lapp wenden. Diese finden für jede noch so widrige Umgebung das passende Produkt. Bilder: Lapp www.lappkabel.de UNTERNEHMEN U. I. Lapp GmbH Schulze-Delitzsch-Straße 25 70565 Stuttgart Tel.: 0711/78 38 - 01 E-Mail: info.de.uil@lapp.com AUTOREN Tanja Wieland, Manager Kabel & Analytik und Jens Kärcher, Global Coordination Manager Laboratories bei Lapp www.industrielle-automation.net INDUSTRIELLE AUTOMATION 2023/03 33