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Industrielle Automation 3/2019

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Industrielle Automation 3/2019

STEUERN UND ANTREIBEN

STEUERN UND ANTREIBEN Öl, Schmiermittel, Temperaturschwankungen und menschliche Interaktion. Ein weiterer Faktor ist die Funktionsweise eines Greifers. Über 95 % der heute in der automatisierten Fertigung eingesetzten Greifer sind pneumatisch betrieben. Obwohl vereinzelt auch elektrische Greifer eingesetzt werden, sind pneumatische seit vielen Jahren der Standard. Pneumatische Greifer werden generell für drei elementare Aufgaben eingesetzt. Die erste Aufgabe ist das Greifen und Halten eines Produkts oder einer Komponente beim Verlagern, die zweite Aufgabe ist das Ausrichten eines Teils, oder die korrekte Positionierung in Vorbereitung auf den nächsten Arbeitsschritt. Die dritte Aufgabe ist das Greifen eines Teils während es bearbeitet wird. Diese Vorgänge können nur dann effektiv funktionieren, wenn der richtige Greifertyp für die jeweiligen Aufgaben gewählt wurde. Im Griff haben Die richtige Wahl eines Greifsystems unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien Greifer sind ein oft unterschätzter, aber wichtiger Baustein in einem erfolgreichen Automatisierungssystem, denn mit dem richtigen Gerät lassen sich Leistung, Maschinenbetriebszeit und Sicherheit des Bedienpersonals optimieren. Dan Campbell, Leiter des Produktmanagements bei Destaco, beschreibt unterschiedliche Faktoren, die man berücksichtigen muss, um eine fundierte Entscheidung für ein Greifsystem treffen zu können. Dan Campbell ist Leiter des Produkt-Managements bei Destaco, Auburn Hills, Michigan, USA Obwohl Greifer als Bestandteil von Pickand-Place Automatisierungssystemen eine wichtige Rolle spielen, werden sie in der Entwicklung und Konzeption einer Anlage oft nur als Randerscheinung berücksichtigt. Sie kommen in den unterschiedlichsten Branchen wie der Pharma-, Elektronik- und Konsumgüterindustrie zum Einsatz und übernehmen hier wichtige Aufgaben. Deshalb ist die Wahl des Greifertyps wichtig für eine effiziente Funktionsweise eines Gesamtsystems. Es gibt eine Fülle von unterschiedlichen Greifern, aus deren Fundus Ingenieure das passende konstruieren können. Doch worauf muss geachtet werden, welche Rolle spielt die Funktionsweise eines Greifers und wie trifft man letztendlich die bestmögliche Entscheidung? Dan Campbell geht ins Detail. Schmutz, Temperatur und Interaktion mit Menschen Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die bei der Wahl eines Greifers beachten werden sollten. Dazu zählen u. a. die Umgebungsbedingungen wie Schmutz, Abrieb, Einflussfaktor Umfeld Es gibt zwei Arten von Betriebsumgebungen, die berücksichtigt werden müssen: n Unrein: In dieser Art von Umgebung ist es wichtig, dass jede Verunreinigung des Greifers vermieden wird, damit er während seiner gesamten Nutzungsdauer störungsfrei funktioniert. Die Umgebung kann durch Schmutz, Abrieb, Öl und Schmiermittel stark verunreinigt sein. Temperaturschwankungen, i.d.R. höhere Temperaturen, können die Funktion des Greifers ebenfalls beeinträchtigen. Solche Umgebungsbedingungen sind typisch für Anwendungen z. B. in der zerspanenden und allgemeinen industriellen Fertigung. Viele Greifermodelle besitzen daher Spülanschlüsse. Dabei handelt es sich um einen zusätzlichen Luftanschluss am Greiferkörper mit einem Kanal ins Innere des Greifers. Durch Saugluft entsteht im Greifergehäuse ein Überdruck, der das Eindringen von Verunreinigungen verhindert. n Rein: In dieser Art von Umgebung muss sichergestellt werden, dass vom Greifer oder aus dessen Inneren nichts in die Arbeitsumgebung gelangt, wodurch das Werkstück oder der Prozess verunreinigt werden könnte. Das ist typischerweise in der Medizin-, Pharma-, Elektronik- und Lebensmittelindustrie der Fall. Hier sind nur extrem geringe Schwebstoff- oder Oberflächenverunreinigungen zulässig. Viele Greifermodelle besitzen Absauganschlüsse. Wie die bereits erwähnten Spülanschlüsse haben Absauganschlüsse oftmals eine Dop- 28 INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2019

STEUERN UND ANTREIBEN 01 Die Greiferfinger können auf die jeweilige Anwendung abgestimmt werden pelfunktion, sodass z. B. im Greifer vorhandene Verunreinigungen aufgefangen und nicht in die Umgebung gelangen können. Greiferausführung und Umgebungstauglichkeit 02 Die Kunststofffinger des 3-Backen-Greifers für runde Teile hinterlassen keine Spuren Die Ausführung und Bauweise des Greifers können dessen Leistungsfähigkeit ebenfalls beeinflussen. Ein Greifer besteht aus drei Teilen: Körper (einschließlich Mechanismus für die Kraftübertragung), Backen und Finger. In der Regel entwickelt und baut der Greiferhersteller nur den Körper und die Backen – die “Ansteuerung” – und der Maschinenbauer oder Endnutzer ergänzt die anwendungsspezifischen Finger zum Greifen oder Umschließen des jeweiligen Teils. Hierbei muss die für die Anwendung erforderliche Fingerlänge, Greifkraft, Hub, Betätigungszeit, etc. berücksichtigt werden. In der Regel gibt der Hersteller diese Spezifikationen für jedes Greifermodell an. Je nach Einsatzbedingung müssen bei der Wahl der Greiferausführung der Backenauflagemechanismus (Lagertyp) sowie die Innenkonstruktion (Mechanismus für die Kraftübertragung vom Kolben auf die Backe) ebenfalls gut durchdacht sein. Greifermechanismus, Backenauflage und Kraftübertragung n Gleitlager (Oberflächenkontakt): Dazu gehören flache Fläche-zu-Fläche-Lager und Zylinderlager (Buchsen). Diese Lager sind stoßbelastbar und bleiben bei eng tolerierter Bearbeitung hochgenau. n Rollenlager (Linienkontakt): Zu diesem reibungsarmen Lagertyp gehören Kreuzrollenlager und Dual-V-Lager, die sich für eine hohe Genauigkeit vorspannen und bei Bedarf so nachjustieren lassen, dass kaum Lagerspiel auftritt. Komfortabel ist hier eine kontrollierte Anpassung der Greifkraft durch Regeln des Luftdrucks. n Kugellager (Punktkontakt): Sie sind reibungsarm und eignen sich deshalb gut für Präzisionsanwendungen und für den Einsatz mit niedrigen Leitungsdrücken bei Anwendungen, die eine ruhige Bewegung erfordern. Die Art der Kraftübertragung sowie die Ausführung des Greifermechanismus sind weitere Kriterien, die zu beachten sind. So bietet z. B. der Doppelkeilantrieb mit Keilmechanismus eine Oberfläche für die Kraftübertragung auf die Backen und ist dadurch robust und stoßbelastbar. Bei einem Direktantrieb ist der Kolben über einen Stift oder eine Stange mit der Backe verbunden. Dieser Mechanismus ist einfach und gut abzuschirmen. Bei einem Nockenantrieb handelt es sich um eine direkte, synchronisierte Kraftübertragung auf die Backen mit Linienkontakt. Dadurch wird eine hohe Greifkraft bei kompakter Bauweise ermöglicht. Das Prinzip eines Zahnstangenantriebs eignet sich für Präzionsanwendungen in reinen Umgebungen. Hierbei tritt an den Antriebsteilen nahezu kein Verschleiß auf. Resümee Ziehen Entwickler und Ingenieure die genannten Kriterien in Betracht, haben sie bei der Wahl des Greifers die Entscheidung sozusagen “im Griff“. Denn jedes automatisierte Fertigungssystem ist nur so leistungsfähig und wie sein schwächstes Glied. Damit nicht der Greifer das schwächste Glied ist, muss man unter Berücksichtigung der Betriebsumgebung auf die richtige Spe zifikation des Greifers achten. Destaco, Anbieter von Automatisierungs-, Werkstückhaltungs- und Containment-Lösungen unterstützt Ingenieure, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Bilder: Destaco www.destaco.com iC-PX/PR Series 2- und 3-Kanal optisch-reflexive, inkrementelle Encoder iC-PX/PR Series EncoderBlue® •Kompakt, reflexiv, linsenfrei •Frei wählbare Interpolationsfaktoren •Betriebstemperatur von -40 bis +105°C Telefon: 06135 /9292-300 www.ichaus.de/pr LASER World ofPHOTONICS München, 24.–27. Juni, B2-316 SENSOR+TEST Nürnberg, 25.–27. Juni, 1-532 iC-Haus.indd 1 05.04.2019 08:42:37 INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2019 29