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Industrielle Automation 3/2015

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Industrielle Automation 3/2015

Vision for motion Wie

Vision for motion Wie sich durch die Integration von Kamerasystemen hochdynamische Motion-Anwendungen automatisieren lassen Aufgrund extremer Klimabedingungen sind in einigen Ländern zusätzliche und ressourcen sparende Bewässerungsmaßnahmen von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen unumgänglich. Durch einen in der Erde liegenden Bewässerungsschlauch werden sie direkt an der Wurzel bewässert. Hierfür werden Kamerasysteme integriert, welche die Qualität der Bohrungen gewährleisten und die Tropfer kontrollieren. Um eine gleichmäßige Bewässerung über die gesamte Länge des Schlauches zu gewährleisten, werden während der Extrusion so genannte Tropfer in die Schlauchwand integriert. Ein Tropfer ist ein etwa 20 mm langes Kunststoffteil mit einer mäanderförmigen Innenstruktur, das für eine dosierte (tropfenweise) Bewässerung sorgt. Je nach Tropfer-Typ und Wasserdruck haben sie einen genau definierten Wasserdurchfluss pro Stunde, bei den s. g. „Nano Flat Drippern“ liegt der Nenndurchfluss zum Beispiel zwischen 0,64 oder 1,6 l/h. Die Herstellung der Bewässerungsschläuche stellt hohe Anforderungen an die Automa- tisierung, besonders an die Motionsteuerung, Antriebstechnik und Bildverarbeitung. Denn jeder Tropfer benötigt für den dosierten Wasseraustritt eine Bohrung an einer genau definierten Stelle. Die Bohreinheit muss daher exakt mit der Bandgeschwindigkeit von bis zu 250 m/min synchronisiert werden, um die Löcher positionsgenau und innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zu bohren. Die Firma Advanced Automation Systems auf Zypern ist spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion von Tropfern und konstruiert Anlagen zur Schlauchherstellung. Für ihre neue Produktionslinie (zur Herstellung von Nano Flat Dripper- Bewässerungsschläuchen) hat das Unternehmen Rex Automatisierungstechnik aus Erfurt eine anspruchsvolle Automatisierungs- und Bildverarbeitungslösung auf Basis der Systemtechnik von Eckelmann entwickelt. Die mechanische Konstruktion und Umsetzung lieferte das Unternehmen SMR Sondermaschinen. Bildverarbeitung bei Hochgeschwindigkeit Direkt nach dem Bohren folgen eine exakte Qualitätskontrolle der Löcher und eine automatische Feinkorrektur des Bohrprozesses. Dazu wird ein eigenes Kamerasystem mit applikationsspezifischer Bildverarbeitungssoftware eingesetzt. Mit der Anlage von Advanced Automations Systems können bis zu 2 000 Tropfer pro Minute produziert werden – bei einer maximalen Bandgeschwindigkeit von 250 m/min. 01 Die regelmäßigen Abstände der integrierten Tropfer ermöglichen eine gleichmäßige Bewässerung über die gesamte Schlauchlänge Alle 30 ms wird ein Tropfer in den Schlauch eingebracht und ein Loch gebohrt. Innerhalb einer Millisekunde bewegt sich der Schlauch maximal um 4,16 mm. Bei einer Bohrfenstergröße von 5 mm und einer Genauigkeitsanforderung von ± 1 mm stellt dies eine hohe dynamische Anforderung an das Gesamtsystem dar. Geschwindigkeit und Präzision zahlen sich aus: Die Anlage kann pro Tag 288 km Bewässerungsschlauch mit ca. 3 Mio. Tropfern produzieren. Möglich wird dies durch das technologische Know-how des Erfurter Unternehmens und den Einsatz einer hochdynamischen Motion-Steuerung von 86 INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2015

Eckelmann mit integrierter Inline-Vision- Lösung. Die Ingenieure von Rex setzten alle konfigurierbaren Maschinenfunktionen um und passten die Bewegungsregelung für die Bohreinheit und Schlauchzuführung dem Prozess an. Eine weitere Anforderung war, ein einheitliches Bildverarbeitungssystem zu integrieren, das die Echtzeitanalyse mit Lagekorrektur, die Qualitätskontrolle und die Rückverfolgbarkeit übernimmt. Alle Funktionseinheiten sollten möglichst effizient vernetzt werden, von der Sensorik und Aktorik über die Steuerungs- und Antriebstechnik bis hin zur integrierten Bildverarbeitung. Die passende Antriebslösung Für die Umsetzung dieser Anforderungen wurde auf optimal aufeinander abgestimmte Hard- und Softwarekomponenten zurückgegriffen. Darunter als Herzstück die E°EXC 66 Motion-Steuerung von Eckelmann sowie mehrere kompakte Antriebsregler E°Darc K von Ferrocontrol. Für die E°EXC 66 gibt es eine umfangreiche Motion- Funktions bibliothek nach PLCopen. Damit lassen sich anspruchsvolle Multi-Achssysteme mit hohen Anforderungen an Synchronität und Präzision steuern, wie man sie beispielsweise auch bei Druckmaschinen antrifft. Die Motionsteuerung ist dynamisch konfigurierbar. Das Kamerasystem liefert Informationen für eine optimale Qualitätskontrolle der Bohrung und Lagekorrektur des Schlauches während des Betriebs. Alle Subsysteme sind auch auf der Benutzerebene voll integriert. Das applikationsoptimierte HMI bietet dem Anwender vielfältige Möglichkeiten zur Konfiguration, Parametrierung und Prozessüberwachung. Dies gilt auch für die Bildverarbeitung, die einen integrativen Bestandteil der Lösung darstellt. Alle Teilkomponenten wie das SPS-Programm mit Motion, die Benutzeroberfläche (HMI) und die Bildverarbeitung sind zu einem abgestimmten Gesamtsystem zusammengefasst. Aufgrund der hohen Produktionsgeschwindigkeit wurde ein Konzept mit kürzester Kommunikationszeit aller Teilsysteme zueinander umgesetzt. Hierbei wurde eine Einheit mit Elementen der Steuerungstechnik und der Echtzeit- Bildverarbeitung geschaffen. Evaluierung der Tropfer mittels Kamerasystem Nachdem der Schlauch produziert und auf eine bestimmte Verarbeitungstemperatur abgekühlt wurde, wird er über Förderrollen in die Bohrstation geführt und an den Bohrern vorbei transportiert. Die Bohrstation besteht aus zwei einzelnen Bohrern, die abwechselnd die Tropfer bearbeiten. Dies ist notwendig, um die gewünschte Performance von bis zu 2 000 Tropfern pro Minute zu erzielen. Für eine kurze Zeit verfahren Bohrer und Schlauch mit dem Tropfer parallel zueinander. In diesem Bereich wird gebohrt. Nach dem Bohrprozess beginnt die Bildaufnahme und -verarbeitung. Das Kamerasystem besteht aus einer kompakten, IP54-geschützten Einheit: Integriert sind Kamera, Objektiv, Beleuchtung und eine individuelle Bildverarbeitungslösung. Jeder einzelne Tropfer wird vollständig evaluiert. Dazu wird die Lage des Tropfers und der Bohrung separat erfasst und direkt an die Motionsteuerung übermittelt. Die Bohrer-, Schlauch- und Kamerajustierung erfolgt über das HMI, das Rex entwickelt hat. Ist die Schlauchposition nicht korrekt, befindet sich der Tropfer, der durch das Kamerasystem erfasst wird, nicht mittig unter dem Fadenkreuz. Die Bohrer- und die Schlauchposition werden dann automatisch durch die Motionsteuerung korrigiert. Die Bildverarbeitungssoftware erkennt die Tropfer, kontrolliert sie und übernimmt on-the-fly Messaufgaben, die zur automatischen Feinjustierung der Schlauchbearbeitung in der Bohrstation genutzt werden. Integriert in die Software ist auch ein Funktionsmodul zur Kamerakorrektur und Kalibrierung des Vision- Systems. Steuerungstechnik und maschinennahe Bildverarbeitung Die Anwendung von Advanced Automation Systems zur hochdynamischen Schlauchbearbeitung zeigt, wie sich Steuerungstechnik mit maschinennaher Bildverarbeitung zur optimalen Prozesssteuerung ergänzen können. Rex Automatisierungstechnik hat diese Lösung für das hochpräzise Bohren von Tropfern in Bewässerungsschläuchen entwickelt. Hierzu wurde auf Standard-Komponenten von Eckelmann und Ferrocontrol zurückgegriffen und ein eigenes anwendungsspezifisches Bildverarbeitungssystem integriert. Der hohe Integrationsgrad zeigt sich nicht nur an der guten Performance der Anlage (Genauigkeit von ± 1 mm bei Bandgeschwindig keiten von bis zu 250 m/min und Bearbeitungszeiten von 30 ms), sondern auch an der Benutzeroberfläche mit Prozessvisualisierung, über die sich sämtliche Funk tionen einschließlich der Bildverarbeitung komfortable parametrieren und konfigurieren lassen. Das System erfasst darüber hinaus Traceability-Daten und wertet den Prozess statistisch aus. www.rex-at.de 02 Bis zu 2 000 Tropfer/min durchlaufen die Bohrstation, in der sie von zwei Bohrern im Wechsel bearbeitet werden Der Nano Dripper im Einsatz Dieses Video zeigt, wie die Tropfer in die Schlauchwand eingearbeitet werden http://bit.ly/Nano-Dripper