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Industrielle Automation 3/2015

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Industrielle Automation 3/2015

SENSORIK UND MESSTECHNIK

SENSORIK UND MESSTECHNIK Berührungslos übertragen Zuverlässige und verlustfreie Messergebnis-Übermittlung im Mikrometerbereich dank induktiver IO-Link-Koppler Wolfgang Zosel Wo Werkstückträger in ständiger Bewegung sind und es wie in Bearbeitungszentren buchstäblich um bis zu 360° rund geht, stellt die Datenübertragung von mobilen zu fixen Teilen der Anlage Elektrokonstrukteure regelmäßig vor eine Herausforderungen. Abhilfe schaffen induktive Kopplersysteme, die digitalisierte Daten, Signale und sogar Energie über einen schmalen Luftspalt übertragen. Wie diese Technik funktioniert, lesen Sie hier. Ein skandinavischer Automobilhersteller bringt derzeit seine Fertigungslinie für Lkw-Motoren auf den Stand der Technik. 20 Bearbeitungszentren stehen dort in Reih und Glied, die Schritt für Schritt aus den angelieferten Gussrohteilen nahezu vollständig automatisiert montagefertige Motorenblöcke fertigen. Dabei setzt das Unternehmen auf die Kompetenz der Gebr. Heller Maschinenfabrik (Hauptsitz in Nürtingen). Horizontale Bearbeitungszentren, 5-Achs- Bearbeitungszentren, Fräs-Dreh-Zentren sowie flexible Fertigungssysteme zählen zu den Kernprodukten des Werkzeugmaschinenherstellers mit etwa 2 500 Beschäftigten weltweit. Zwei dieser Bearbeitungszentren mit einem Footprint von rund acht mal vier und einer Höhe von gut drei Metern absolvieren derzeit ihre finalen Funktionstests im Nürtinger Werk. Ein automatisiertes Ladesystem hievt den noch unbearbeiteten Gussmotorenblock von oben auf einen um 360° schwenkbaren Rundtisch, der auch in Z-Achse verfahrbar ist. Im hinteren Bereich ist sowohl ein Werkzeugwechsler als auch eine entlang der Horizontal- und Vertikalachse verfahrbare Arbeitseinheit angebracht, die erste Bohr- und Fräsaufgaben ausführen wird. Genaue Messwertermittlung durch Längenmesstaster Doch zunächst muss der Rohling mithilfe einer hydraulischen Spannvorrichtung sicher auf der Auflagefläche des Rundtisches fixiert werden. Weil Rohgussblöcke herstellungsbedingt meist divergierende Abmessungen aufweisen, muss im Zuge des Aufspannverfahrens die relative Lage des Werkstücks auf dem Rundtisch ermittelt und der Steuerung mitgeteilt werden. Dazu erfasst ein auf der Grundplatte sitzender Bolzen die auf der Unterseite des Motorenblocks angebrachte Indexbohrung, bevor vier massive Schwenkspanner das Werkstück nach hinten ziehen und 16 induktive Sensoren von Balluff schließlich den exakten Sitz bestätigen. Während das Gussteil in seine Bearbeitungsposition gefahren wird, registriert ein induktiver Messtaster quasi nebenbei, welchen Weg der Bolzen in der Indexbohrung mitsamt dem Werkstück zurückgelegt hat. Sitzt der Gussblock schließlich in seiner Bearbeitungsposition, sind die Lage- und Abmessungsdaten bereits erfasst und an die Steuerungsebene übermittelt. Die Bearbeitung des Motorenblocks kann beginnen. Ein Längenmesstaster wie der hier eingesetzte von Marposs dient der präzisen Messwertermittlung im Zuge der Werkzeugbearbeitung und Qualitätskontrolle. Er gleicht quasi die unvermeidlichen Schwankungen bei den Abmessungen der Gussteile aus und stellt somit genaue und identische Bearbeitungsergebnisse sicher. Marposs ist Hersteller von Fertigungsmesstechnik für In-Prozess- und Post-Prozess-Werkstattanwendungen. Das Unternehmen mit Hauptsitz im italienischen Bentivoglio beschäftigt 2800 Mitarbeiter weltweit, zentraler Standort für Deutschland ist Weinstadt. Wolfgang Zosel, freier Fachjournalist, Reutlingen

SENSORIK UND MESSTECHNIK 01 Die induktiven Koppler befinden sich unten links im aufgespannten Motorenblock, der aus Gussrohteilen nahezu automatisiert gefertigt wird 02 Die Spannvorrichtung ist mit einem Messverstärker und einem Sensorhub ausgestattet, der die induktiven Sensoren sammelt Einfacher Signal- und Datenaustausch bis zur Steuerungsebene Bereits in der Entwurfsphase stellt sich die Frage, auf welche Weise Signale und Daten vom beweglichen und drehbaren Werktisch zur Maschinenbasis und damit zur Steuerungsebene gelangen sollen. „Den hohen Produktivitäts- und Zuverlässigkeitsanforderungen unseres Auftraggebers entsprechend, kamen konventionelle Verkabelungslösungen ebenso wenig in Frage wie Schleifringsysteme: zu aufwändig, anfällig, verschleißbehaftet und damit unzuverlässig“, sagt Peter Frommer, Projektleiter Steuerungstechnik bei Heller. Zudem stellt der Längenmesstaster in Verbindung mit einem Messverstärkter von Marposs zunächst lediglich ein analoges Signal zur Verfügung. Dies hätte die Übertragung über ein spezielles geschirmtes Kabel notwendig gemacht. Im Wartungsfall wäre dies eine Lösung, die mit hohen Kosten verbunden wäre. Damit war nicht nur eine Technik gefragt, die Daten zuverlässig vom mobilen zum fixen Anlagenteil übertragen kann, sondern gleichzeitig auch eine Lösung für das einfache und verlustfreie Handling analoger Messdaten. Gleich mehrere Gründe, warum man bei Heller auf das induktive Kopplersystem (BIC) von Balluff setzte. Es überträgt Signale und Energie berührungslos über einen Luftspalt von bis zu 5 mm. Seine Leistungsfähigkeit und Einfachheit verdankt das berührungsfreie Übertragungssystem seiner Auslegung nach IO-Link. Die bidirektionale Schnittstelle sorgt unterhalb der Busebene für einen unkomplizierten Signal- und Datenaustausch und vereinfacht Installations- und Verkabelungsprozesse. Denn für sämtliche Übertragungs- aufgaben kommt ein gewöhnliches ungeschirmtes dreiadriges Standardkabel zum Einsatz. IO-Link ist abwärtskompatibel zu allen Standardsensoren und unempfindlich gegenüber Störeinflüssen. Verschleißfrei auch unter extremen Bedingungen Bei den von Heller hergestellten Bearbeitungszentren stehen sich der Sender (Remote) und Empfänger (Base) in der Be- und Entladeposition austauschbereit gegenüber. Im vorliegenden Fall ist das System doppelt ausgelegt: Ein Kopplerset ist für die Übertragung des Längenmesswertes, das andere für die Übermittlung der Positionsabfragedaten im 1/1 000-mm-Bereich zuständig. Aus dem analogen Signal des Längenmesstasters erzeugt ein Analog-Adapter (AD-Wandler) von Balluff ein IO-Link- Signal, das per Standardkabel direkt an den Remote-Sender gelangt. Ein Sensorhub sammelt die 16 induktiven Sensoren ein und das gebündelte IO-Link-Signal wird an den zweiten Remote-Koppler übertragen. Selbst unter extremen Bedingungen arbeiten die in der Schutzart IP 67 ausgelegten berührungslosen Koppler verschleiß- und ausfallfrei, Späne und Kühlschmierstoffe beeinträchtigen die Übertragung nicht. „Die induktiven Kopplersysteme ermöglichen einen kompakten konstruktiven Aufbau, die Installation wie auch der Austausch der Geräte sind einfach. Gleiches gilt für Parametrierung und Diagnose“, betont Peter Frommer. 03 Durch unterschiedliche IO-Link-Master können die Devices einfach über IO-Link mit nahezu allen Feldbussen kommunizieren Grundsätzlich sind die bidirektionalen IO- Link-Induktivkoppler überall dort sinnvoll, wo eine feste Verdrahtung von Sensoren und Aktoren stört oder wo man das Risiko unvorhersehbarer Ausfälle aufgrund von Materialermüdung nicht eingehen will. Als schnell trennbare Einheiten bieten die intelligenten Übertragungssysteme maximale Flexibilität bei Formatwechseln, sie sparen Rüstzeiten und ermöglichen die Ankopplung von bis zu 16 Sensoren. In Kombination mit einem IO-Link-Master kann das System an nahezu jeden marktüblichen Feldbus an geschlossen werden. www.balluff.com INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2015 51