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Industrielle Automation 1/2019

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Industrielle Automation 1/2019

Vor Ort Ein

Vor Ort Ein Optik-Spezialist auf Wachstumskurs Branchenfokus Industrie als strategisches Unternehmensziel Seine traditionellen Wurzeln hat Schneider-Kreuznach im Bereich hochwertiger Objektive und Filter für die Filmproduktion und den Consumer-Markt. Nun richtet das Unternehmen seinen Fokus verstärkt auf die Industrie aus. Im Gepäck warten optische und feinmechanische Komponenten für höchste Ansprüche in der industriellen Bildverarbeitung. Die Marke „Schneider-Kreuznach“ steht für Spitzentechnologie – nicht nur aus Deutschland, sondern auch international. Seit Jahrzehnten zählt die Unternehmensgruppe zu den Weltmarktführern im Bereich der Entwicklung, Produktion und Fertigung von Hochleistungsobjektiven sowie Filtersystemen für die Bereiche Industrie, Film und Foto. Dabei baut der Spezialist Dipl.-Ing (FH) Nicole Steinicke, Chefredakteurin INDUSTRIELLE AUTOMATION einerseits auf ein umfassendes Standard- Portfolio und andererseits auf kundenspezifische Lösungen. Das Einsatzspektrum ist vielseitig und reicht von Robotern mit bildgebenden Verfahren über Medizintechnik, Verkehrsüberwachung und Inspektionsaufgaben in der fertigungsnahen Qualitätssicherung. Gegründet wurde die Jos. Schneider Optische Werke GmbH, kurz Schneider-Kreuznach, 1913 in Bad Kreuznach und hat sich seitdem auf eine Mitarbeiterzahl von weltweit rund 600, davon 390 am deutschen Stammsitz und einem Umsatz von 65,1 Mio. EUR (2017) entwickelt. Trotz dieses positiven Trends, musste das Unternehmen auch Rückgänge verzeichnen, verursacht u. a. durch den geringeren Absatz von Digitalkameras. So ging im Jahr 2016 der Umsatz der Unternehmensgruppe zunächst zurück und stieg im Folgejahr 2017 wieder. Für 2018 wird abermals ein Wachstum erwartet. Um Schwankungen aufzufangen und neue Perspektiven zu stärken, konzentriert sich der Optikspezialist nun auf den Wachstumsmotor Industrie. Dafür wurde in den letzten drei Jahren die Organisationsstruktur komplett verändert. „Wir sehen uns jetzt gut für das stark wachsende Marktsegment gerüstet“, sagt Dr. Thomas Kessler, Geschäftsführer der Schneider-Gruppe. Im Industrie- bereich sind vor allem eine höhere Geschwindigkeit und Flexibilität gefordert. Entwicklungen werden gemeinsam mit Kunden vorangetrieben. Starkes Potenzial sieht Schneider-Kreuznach in der verstärkten Ausrichtung auf internationale Märkte, insbesondere in Europa und Asien. Zudem sollen künftig neue Branchen erschlossen werden. Der Herkunftspfad soll aber nicht verlassen werden, denn das Unternehmen hat einen hervorragenden Ruf bei qualitativ hochwertigen Foto- und Filmobjektiven. 01 Die optischen Komponenten zeichnen sich durch Präzision, Qualität und absolute Zuverlässigkeit aus 42 INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2019

Zukunftsgerichtet: Mit Schneider-Kreuznach im Dialog Herr Dr. Kessler, bei Schneider-Kreuznach hat es in den letzten Jahren viele Veränderungen gegeben. Mit welchem Ziel? Ja, wir haben einen großen Prozess der Veränderung absolviert und unser Geschäftskonzept überarbeitet. Dabei wollen wir neben den Geschäftsbereichen Film und Foto die Industrie in den Fokus rücken. Denn dort erwarten wir das größte Wachstum und damit Chancen uns zukunftsgerichtet aufzustellen. Dieser Entwicklung zugrunde liegt der Weltmarkt der optischen Technologien, der Photonik. Betrachten wir den überregionalen Markt, rechnen wir sowohl heute als auch in naher Zukunft mit dem erfolgreichsten Wachstum in Asien. Auch heute schon ist der asiatische Markt im Industriebereich größer als der europäische und amerikanische Markt zusammen. Welche Branchen und Applikationsfelder bedienen Sie mit Ihren Industrieobjektiven? Bei unseren Industrieobjektiven stehen vier Bereiche im Vordergrund: Automation und Robotik, industrielle Bild verarbeitung und Messtechnik, Medizintechnik und Life Science sowie Industrie 4.0. Der Bereich Industrie 4.0 und damit die Vernetzung von Maschinen erfordern beispielsweise den Einsatz von Optiken, wie wir sie bereits aus der Robotik kennen. Betrachten wir aus dem Bereich Life Science die Pharmaindustrie, wäre ein Beispiel der Einsatz von Identifikationstechnologien zur Erkennung von Barcodes. Für derartige Anwendungen sind unsere Objektive für Zeilenkameras geradezu prädestiniert. Weitere Anwendungen sind die automatische optische Inspektion und Prozessüberwachung, zum Beispiel von Flachdisplays für Smartphones sowie die Qualitätskontrolle von Leiterplatten und Solarwafern. Mit unserem Portfolio bieten wir sehr kleine Objektive bis hin zu großen wie unsere Xenon-Sapphire und decken damit nahezu alle denkbaren Einsatzgebiete ab. Wie begegnen Sie den rückläufigen Entwicklungen des Fotomarktes? Der Fotomarkt ist für uns ein entscheidender Markt, allerdings mit gegenläufigen Entwicklungen. Sehr viele Digitalkameras werden heute durch Smartphones mit integrierten Kameras abgelöst – denn der beste Fotoapparat ist immer der, den man gerade dabei hat. Von 120 Millionen Digitalkameras, die weltweit jährlich verkauft wurden, sind wir heute bei einer Größenordnung von zirka 20 Millionen. Im Bereich der Kameras mit Wechselobjektiv, die damit einen Fotofilter benötigen, sehen wir allerdings eine Stabilisierung. Wir müssen dennoch davon ausgehen, dass der Fotomarkt leider weiter absinken wird und darauf stellen wir uns auch ein. Für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter ist es wichtig, mit einer neuen Strategie auch eine Vision zu verfolgen. Wie sehen Sie die Zukunft? Mit unserer Unternehmensstrategie und Ausrichtung auf das Segment Industrie haben wir auch eine Vision für Schneider- Kreuznach festgelegt: Wie soll das Unternehmen in 5 bis 10 Jahren aussehen? Dies erfordert ein Umdenken und neue Anforderungen, z. B. wie gestalten wir unsere Unternehmenskultur, wie setzen wir unsere Kundenorientierung um und in welcher Form leben wir ein internes Teamwork? Unsere Unternehmensprozesse sollen sich entwickeln, verändern und damit verbessern. Deshalb haben wir eine Fehlerkultur ins Leben gerufen, die es erlaubt Fehler zu machen, über Fehler zu sprechen, um diese dann in eine Prozessoptimierung einfließen zu lassen. Auch haben wir weltweit unsere Organisation angepasst und das Management den neuen Anforderungen entsprechend aufgestellt. Auch unser Supply Chain Management wird weiter optimiert, sodass wir Synergien sinnvoll ausschöpfen und Sicherheiten schaffen. All diesen Herausforderungen haben wir uns gestellt. Herr Dr. Raimund Lassak, wo sehen Sie als Vertriebsleiter spannende neue Einsatz gebiete, Nischen, die noch nicht besetzt sind? Als Vertriebsleiter habe ich nicht nur Absatzmärkte und Branchen im Blick, sondern auch Trends wie die Digitali sierung. Hier möchten wir mit Produkten punkten, die die Voraussetzungen für den Einsatz in einer digitalen Welt mitbringen. Auch die Medizintechnik ist für uns als langfristig wachsender Markt sehr interessant. In den letzten 1 - 2 Jahren haben wir hier bereits schöne Projekte gewonnen, z. B. in der Gehirnchirurgie. Unsere Objektive werden dazu eingesetzt, um einen Roboterarm in dreidimensionaler Bewegungsachse steuern zu können. Hierbei geht es um sehr feine Strukturen, die wir mit unseren Objektiven erfolgreich bedienen können. Sie sehen, wir sind auf höchstem Niveau ganz vorne mit dabei. Sehr gute Marktchancen sehen wir 02 Dr. Thomas Kessler, Geschäftsführer (li.) und Dr. Raimund Lassak, Vertriebsleiter (re.) verantworten bei Schneider-Kreuznach High-End-Lösungen für Anwendungen in der Bildverarbeitung auch im Bereich der Display-Inspektion. Hier sind wir mittlerweile eines der führenden Unternehmen. Die meisten Smartphones werden wahrscheinlich mit unseren Objektiven inspiziert. Sie arbeiten eng mit ihren Kunden zusammen. Wie sieht Ihr derzeit spannendstes Projekt aus? Gemeinsam mit Red und Oculus, einem Tochterunternehmen von Facebook entwickeln wir gerade ein innovatives Kamerasystem. Dabei geht es um ein 360°-Kamerasystem, das Filmaufnahmen in 3-D mit einem Wir unterstützen Systemintegratoren und Maschinenhersteller bei der Verbesserung ihrer Bildverarbeitungssysteme 360°-Rundum-Blick aufnehmen kann. Konzipiert als Kugel, umfasst das System insgesamt 16 8K-Kameras und damit 16 180° Fisheyeobjektive, die perfekt auf die Anwendung und das System abgestimmt sein müssen. Und genau das ist unsere Aufgabe in diesem Projekt, ein maßgeschneidertes Objektiv, welches Hightech, Performance und Zuverlässigkeit vereint. Möglich wird dies durch die Verwendung spezieller von Schneider-Kreuznach entwickelter Technologien für Industrie- und Cineobjektive. Und die ersten Prototypen sind bereits hergestellt. Sie sehen also, dass wir einige neue Entwicklungen in der Umsetzung haben und offen sind für neue Märkte wie die virtuelle Realität oder auch Raumfahrtanwendungen bei der NASA. Fotos: Aufmacher, 01 Jos. Schneider Optische Werke, 02 Nicole Steinicke www.schneiderkreuznach.com INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2019 43