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Industrielle Automation 1/2019

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Industrielle Automation 1/2019

Maschinensicherheit 4.0

Maschinensicherheit 4.0 Automatische Zertifizierung – Effizienzgewinn für Hersteller und Betreiber von modularen und vernetzten Anlagen Ob die flexible Adaption neuer Technologien oder die Massenfertigung applikationsspezifischer Produkte in Losgröße 1 – Produktionsanlagen in der industriellen Fertigung sind von einer stetig wachsenden Komplexität geprägt. Die Sicherheit eines modifizierten Maschinenverbunds musste zwar bislang manuell beurteilt werden. doch nun könnten Anwender von Fertigungsmodulen künftig von einer automatischen Zertifizierung profitieren. Der TÜV Süd informiert über den aktuellen Stand des Konzepts. Durch den steigenden internationalen Wettbewerb und immer komplexere Produkte sind die innerhalb der industriellen Fertigung eingesetzten Produktionsanlagen ebenfalls von einer stetig wachsenden Komplexität geprägt. Bereits heute übersteigt ebendiese Komplexität eine Schwelle, ab der sie durch den industriellen Anwender nicht mehr beherrschbar ist. Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielfältig. Explizit zu nennen sind dabei die durch den steigenden Wettbewerb geforderte hohe Verfügbarkeit, die flexible Adaption neuer Technologien und die Massenfertigung kundenindividueller Produkte in Losgröße 1 aufgrund von gestiegenen Kundenanforderungen. Daher müssen Konzepte entwickelt werden, mit deren Hilfe die wahrgenommene Michael Pfeifer, Geschäftsfeld-Admin Maschinensicherheit bei TÜV SÜD Industrie Service, Werner Varro, Teamleiter Smart Automation bei TÜV SÜD Product Service; beide in München Komplexität der Anlage durch eine Verschiebung von Aufgaben in die Automatisierungstechnik reduziert werden kann. Der notwendige erste Schritt bei der Entwicklung modularer Anlagen im Hinblick auf sicherheitstechnische Anforderungen ist es, die dedizierten Fertigungsmodule eigensicher zu gestalten. Dabei wird jedes Produktionsmodul als vollständige Maschine im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/ EG Art. 2 betrachtet und zertifiziert. Dieses Vorgehen unterscheidet sich nicht von dem Zertifizierungsprozess statischer Anlagen. Problematisch ist bei der sicherheitstechnischen Betrachtung vielmehr die Verkettung der eigensicheren Module im operativen Einsatz. Bei dem Umbau einer modularen Fertigungslinie kann es jedes Mal zu neuen Abhängigkeiten an den Schnittstellen (mechanisch, elektrisch, informationstechnisch) zwischen den eigensicheren Modulen kommen, welche eine erneute sicherheitstechnische Betrachtung nach Maschinenrichtlinie und damit Risikobeurteilung erzwingen. Diese Neubewertungen stehen dem Ziel der Flexibilität entgegen und bilden so einen Flaschenhals. Mehrphasiges automatisiertes Safety-Konzept Bisher wird die Risikobeurteilung, wenn auch softwaregestützt, manuell erstellt. Doch auch diese ließe sich digital automatisieren und würde dem Betreiber verketteter Anlagen Ressourcen einsparen und ermöglichen, häufig wechselnde Produkte mit einer stets anzupassenden Produktionsanlage wirtschaftlich herzustellen. Ein automatisiertes Safety-Konzept sollte aus fünf Phasen bestehen: 1. Discovery: Vergleichbar mit OPC UA, wird hier zu dem neu eingesetzten Maschinenmodul eine Datenverbindung aufgebaut, um dieses zu identifizieren und die Eigenschaften des Moduls zu übermitteln. Nicht Safety-relevante Daten werden zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht über­ 24 INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2019

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Die Sicherheitssteuerung überprüft die Erreichbarkeit der logischen Teilnehmer. Mit der Applizierung der Sicherheitsfunktionen mit den vorgegebenen Teilnehmern wird die Richtigkeit des jeweiligen Key überprüft. Diese Informationen werden seitens Sicherheitssteuerung mit Paketlaufzeiten angereichert und es wird ein neuer Schlüssel erstellt. Dieser Schlüssel wird zurück in die Cloud übertragen, geprüft und archiviert. 5. Freigabe: Der Maschinenverbund wird vom Server oder Cloudservice umgehend freigegeben, sobald der Durchlauf der vorangegangenen vier Phasen erfolgreich war. 01 Das fahrerlose Transportsystem ist aufgrund des kontaktlosen Ladens an den Docking Stations jederzeit einsatzbereit 02 Der Handarbeitsplatz der Industrie-4.0- Anlage demonstriert eine verbesserte Mensch-Maschine-Interaktion mittelt – lediglich das Manifest des Headers der Verwaltungsschale. 2. Validierung: Um Schnittstellen und Anforderungen und letztlich auch das Risikopotenzial bewerten zu können, muss festgestellt werden, welches Maschinenmodul an welchem Modul angedockt ist. Denn Letzteres ergibt sich aus der Kombination von Modulen, Arbeitsprozessen und Werkstück (Material) und definiert wiederum die Anforderungen an die Sicherheitsfunktionen (Performance Level). Neben der Feststellung der Konfiguration der neuen Produktionsanlage findet die Validierung der Konfiguration Konzepte sollen die Anlagenkomplexität innerhalb der Automatisierungstechnik reduzieren anhand von Profilen statt. Diese Profile stellen Teilmodelle der Verwaltungsschale dar und enthalten alle sicherheitstechnisch relevanten Informationen des Moduls. 3. Plausibilitäts-Check: Hierfür werden die Parameter zur sicheren zyklischen Kommunikation aus der Verwaltungsschale ausgelesen und auf Plausibilität hin überprüft. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass sichere Reaktionszeiten in allen Sicherheitsfunktionen eingehalten werden können. 4. Digitale Konformitätsbewertung: Parallel zum Plausibilitäts-Check werden die zwischen den beteiligten Maschinenmodulen ausgetauschten Informationen (Konfiguration der Maschinenmodule, Maschinenmodul IDs mit Modul- und Safety-Moduleigenschaften, geplanter Arbeitsprozess etc.) an einen Server innerhalb des Werksgeländes (oder an eine sichere Cloud) übermittelt und mit den erforderlichen Performance Level abgeglichen. Die Risikobeurteilung wird automatisch aus den Safety-Profilen der verbundenen Module abgeleitet, erstellt, gespeichert und archiviert. Erfüllt der Maschinenverbund die Anforderungen hinsichtlich Maschinensicherheit, wird daraufhin die Konformitätserklärung erstellt und archiviert sowie Schlüssel generiert. Die Keys beinhalten die logischen IDs aller beteiligten Safety-Aktoren und Sensoren, die ID der Sicherheitssteuerung, die Typologie und den erreichten Performance Level. Die Keys werden an die jeweiligen Sicherheitssteuerungen übermittelt und dort abgelegt. Um das Niveau in puncto Maschinensicherheit halten zu können und gleichzeitig eine flexible und wirtschaftliche Produktion zu ermöglichen, wurde das Konzept einer automatischen Zertifizierung präsentiert. Für die Zertifizierung modularer An lagen und die automatische Bewertung der Maschinensicherheit werden die der zei tigen Konzepte weiterentwickelt und Vorschläge für erforderliche Standards erarbeitet. TÜV Süd unterstützt diese und weitere Ent wicklungen derzeit als Mitglied der Technologie- Initiative SmartFactoryKL, einer herstellerunabhängigen Demons trations- und Forschungsplattform. Der Fokus liegt dabei auf dem Thema Maschinensicherheit und den damit verbundenen Entwicklungen. Bilder: SmartFactoryKL www.tuev-sued.de E I N L A D U N G Mittwoch, 10. April 2019 8:00 bis 16:00 Uhr Halle Messe Messestraße 10 06116 Halle (Saale) Messtechnik Steuerungstechnik Regeltechnik Prozessleitsysteme Automatisierung Führende Fachfirmen der Branche präsentieren ihre Geräte und Systeme und zeigen neue Trends im Bereich der Automatisierung auf. Die Messe wendet sich an Fachleute und Entscheidungsträger die in ihren Unternehmen für die Automatisierung verantwortlich sind. Der Eintritt zur Messe und die Teilnahme an den Fachvorträgen ist für die Besucher kostenlos. MEORGA GmbH Sportplatzstraße 27 66809 Nalbach Tel. 06838 / 8960035 Fax 06838 / 983292 www.meorga.de info@meorga.de Meorga.indd 1 08.01.2019 11:26:25 INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2019 25