SZENE I INTERVIEW halten, müssen wir eine höhere Forschungsdynamik durch steuerliche Forschungsförderung freisetzen. Grundlegend für die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels in Deutschland ist ein breiter gesellschaftlicher Diskurs über die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben möchten. Wir müssen uns fragen, wie wir Digitalisierung so gestalten, dass sie sich positiv auf unsere Lebensqualität auswirkt. Daran müssen alle gesellschaftlichen Akteure gemeinsam arbeiten. Der ZVEI arbeitet mit vollem Engagement am Zukunftsprojekt „Industrie 4.0“, einem Thema mit hoher politischer und gesellschaftlicher Relevanz. Welche Lösungen und Produkte der Mitglieder des Fachverbands sehen Sie als integralen Bestandteil der Fabrik der Zukunft? Drei Trends zeichnen sich deutlich ab: Dazu gehört zum einen die Vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance). Dort verändern sich die Prozesse durch die Digitalisierung der Produktion dahingehend, dass bereits vor dem realen Eintreten eines Wartungsfalls über Sensoren ermittelt werden kann, wann eine Maschine eine neue Komponente braucht, um weiterhin reibungslos zu funktionieren. Das spart Zeit und Geld, denn die Maschine bleibt nicht überraschend stehen, muss gewartet und danach Instand gesetzt werden. Die modulare Produktion ist der zweite Trend, den ich hier ansprechen möchte. In der chemischen und pharmazeutischen Industrie wachsen die Anforderungen an Flexibilität, individuellere Produkte und schnellere Produkteinführungszeiten. Konventionelle Anlagen sind diesen Herausforderungen nicht gewachsen. Immer mehr Ausrüster, aber auch die Chemie- und Pharmaunternehmen selbst, arbeiten deshalb an der Entwicklung von modularen Konzepten für Neuanlagen sowie Anlagenerweiterungen. Aus einzelnen „Bausteinen“ mit verschiedenen Funktionen lassen sich Anlagen schnell immer wieder neu zusammenstellen, um unterschiedlichste Produktionsverfahren abzubilden. Grundlage dafür sind intel ligente Komponenten wie Pumpen, Chemie-Reaktoren, Destillations- oder Extraktionsmodule und andere, die über moderne Messund Automationstechnik verknüpft und gesteuert werden. Drittens arbeiten wir an der Verbindung von smart Grid und smarter Fabrik: In diesem Zusammenhang treibt der ZVEI das Verbundforschungsprojekt „DC-Industrie“ voran. Smart Grids brauchen smarte Verbraucher: Dies kann eine Fabrik sein, die sich mittels eines smarten Gleichstromnetzes versorgt. Eine solche Fabrik kennt ihre Energiebedarfe in den unterschiedlichsten Situationen. Sie kann entscheiden, welche Verbrauchsspitzen sie über eigene Speicher abfängt und wieviel Energie sie selbst ins Smart Grid einspeist. Richten wir den Blick auf die zunehmende Globalisierung: Wie tief ist die deutsche Elektroindustrie in die internationale Arbeitsteilung und Handel integriert? Die deutsche Elektroindustrie zeigt sich stark wie lange nicht. Wir verzeichnen das beste Wachstum seit 2011. Umsatz und Export schlossen 2017 mit Rekorden ab. Auch die Zahl der Beschäftigten in In- und Ausland ist nochmals deutlich gestiegen. Bei den Exporten war das Jahr 2017 das Grundlegend für die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels ist ein breiter gesellschaftlicher Diskurs über die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben möchten – und das auf globaler Ebene. vierte Rekordjahr in Folge. Von Januar bis November 2017 nahmen die gesamten Branchenausfuhren, einschließlich Re-Exporten, um 10,1 % gegenüber Vorjahr auf 183,3 Milliarden Euro zu. Im gesamten vergangenen Jahr kamen sie schätzungsweise nahe an die 200-Milliarden-Euro-Marke heran. Die meisten Exporte gingen 2017 nach China, gefolgt von den USA und Frankreich. Das zeigt, die deutsche Elektroindustrie ist eine global aufgestellte Branche und tief in die internationale Arbeitsteilung und den Handel integriert. Am Beispiel Industrie 4.0 möchte ich Ihnen verdeutlichen, warum unser Engagement und unsere internationale Vernetzung so wichtig sind. Ich kann nur wiederholen: Digitale Wertschöpfungsnetzwerke sind ein globales, welt-umspannendes Phänomen. Ihr Potenzial entfalten sie nicht, wenn man versucht, sie lokal abzuschotten. Für unsere Zusammenarbeit brauchen wir Regeln und Standards. Mit dem Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0) haben wir es in der Plattform Industrie 4.0 geschafft, die Grundlage von Industrie 4.0 international zu etablieren. Erfreulich ist auch, dass sich auch in anderen Ländern Industrie-4.0-Initiativen gebildet haben, die sich am Vorbild Plattform Industrie 4.0 orientieren. In welchen Segmenten sehen Sie das größte Wachstumspotenzial in den nächsten Jahren und welche Trends werden uns voraussichtlich begegnen? Künstliche Intelligenz, Mensch- Maschinen-Kollaboration, Smart Home, eHealth oder autonomes Fahren: Diese Liste ließe sich noch deutlich verlängern. All diese Begriffe stehen stellvertretend für den digitalen Wandel mit seinen vielfältigen neuen Geschäftsmodellen. Die Digitalisierung, auf die wir überall und ununterbrochen in unserer täglichen Arbeits- und Alltagswelt treffen, schreitet schnell und unumkehrbar voran. Unsere größte Herausforderung ist daher heute, den digitalen Wandel positiv für uns zu gestalten. Daran arbeiten wir. Die deutsche Elektroindustrie und der ZVEI sind am Puls der Zeit: Ob bei Cybersicherheit, Energie, Gebäuden, Gesundheit, Industrie 4.0 oder Mobilität, wir sind die innovativste Branche in Deutschland und stoßen Innovationen Branchengrenzen-übergreifend an. Innovationen entstehen allerdings nicht aus technologischem Selbstzweck; sie werden für Menschen gemacht. Das zeigt auch unser Motto „100 Jahre ZVEI – Innovation für Menschen“. In den letzten 100 Jahren haben wir viel geschafft. Packen wir die nächsten 100 Jahre nun gemeinsam an! Es gibt viel zu tun und ich bin mir sicher, vor uns liegen spannende Zeiten. Fotos: ZVEI/Frederik Böttcher www.zvei.org 10 INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2018
Die digitale Transformation stets im Blick Der Automatisierungstreff, der dieses Jahr vom 10. bis zum 12. April in der Kongresshalle Böblingen stattfindet, hat aufgrund des Angebotes an verschiedenen Anwender-Workshops schon immer die Praxis in den Vordergrund gestellt. Das ändert sich auch nicht in Zeiten der digitalen Transformation. Deswegen wurde bereits 2017 der Marktplatz Industrie 4.0 ins Leben gerufen, der als zentraler Bestandteil der Veranstaltung den Schwerpunkt auf konkrete Use-Cases für Industrie 4.0 und IIoT legt. Dieses Forum richtet sich an Anwender, Praktiker sowie Macher, welche die digitale Transformation in Unternehmen nutzen möchten. Den Kernpunkt der Veranstaltung bilden die praxisorientierten Anwender-Workshops, in denen Besucher die Möglichkeit haben, einzelne Technologien vor Ort praktisch auszutesten. Das Trend-Session-Programm ist ein weiterer Baustein der Ideenbörse und trägt den Charakter eines kleinen, aber praxisnahen Kongresses. So wird z. B. in der VDE-Trendsession die Entwicklung der Energiewende aufgezeigt, bei der die ausgeweitete Nutzung der Automatisierungstechnik ein wesentlicher Stützpfeiler ist. www.automatisierungstreff.com Beraten. Prüfen. Zertifizieren. Akkreditiertes und unabhängiges Prüf- und Zertifizierungsinstitut. EMV Umweltsimulation Funk elektrische Sicherheit weltweite Zulassungen Seminare Beu S n! 27.2. - 01.03.2017 Nürnberg, Halle 1, Stand 556 www.phoenix-testlab.de
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