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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION Erfassen – verwalten – auswerten IIoT-Anwendungen generieren realen Mehrwert aus der virtuellen Welt sind die ersten auf dem Markt mit diesem Ansatz“, hebt Christophe Pujol, Leiter des Produktmanagements für Serviceprodukte bei Endress+Hauser, hervor. Vorausschauende Wartung bietet messbaren Nutzen Welche Chancen die Digitalisierung der Prozessindustrie bietet und wie sich die heutigen Möglichkeiten der Vernetzung und des Datenaustauschs am besten nutzen lassen wissen die „People for Process Automation“ bei Endress+Hauser: Das Unternehmen hat eine Digitalisierungsstrategie entwickelt, um mit IIoT-Anwendungen Informationen über Anlagen und die darin installierte Basis zu erfassen und auszuwerten. Der Vorteil: Möglichkeiten zur Prozessoptimierung und Instandhaltung werden aufgezeigt – jederzeit und überall. Im privaten Bereich geht heute nichts mehr ohne das weltumspannende Netz. In der Industrie, vor allem im Prozessbereich, hält man sich hinsichtlich der Vernetzung von Geschäfts- und Produktionsprozessen bisher eher zurück. Zwar verfügen 90 % der weltweit installierten Messgeräte von Endress+Hauser über eine Feldbusschnittstelle wie Hart, Profibus, Foundation Fieldbus, Modbus, RS485, EtherNet/IP oder Profinet; wirklich genutzt Reinhard Huschke, freier Fachredakteur, Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co. KG wird diese Fähigkeit zur digitalen Kommunikation aber nur bei 3 % der Feldgeräte. Doch ein Wandel ist absehbar, und das Unternehmen möchte von Anfang an dabei sein, um seinen heutigen und künftigen Anwendern dieses brachliegende Potenzial zu erschließen und sich dabei als führender Anbieter im Industrial Internet of Things (IIoT) zu positionieren. Die Digitalisierungsstrategie setzt dabei auf mehreren Ebenen an: in den messtechnischen Produkten, bei der Nutzung der von den Feldgeräten zur Verfügung gestellten Daten sowie in der Interaktion mit Anwendern. „Wir Auf der ersten Ebene, der Konnektivität der Messgeräte, sind die Voraussetzungen bereits gegeben, denn praktisch alle neueren Feldgeräte verfügen über die für die Vernetzung und den Datenaustausch erforderliche Ausstattung. Ein Beispiel: Die Durchflussmessgeräte der aktuellen Baureihe Proline 300/500 bringen nicht nur eine große Vielfalt an Signalausgängen und Feldbusprotokollen mit, sondern auch einen integrierten WLAN-Webserver. Über diese Schnittstellen lassen sich neben verschiedenen Prozessgrößen – in diesem Falle z. B. Massefluss, Volumenfluss, Dichte, Konzentration, Viskosität und Temperatur – auch viele weitere Sensor- und Prozessdaten erfassen und abfragen. Diese zusätzlichen Daten, die Aufschluss über den Zustand von Feldgeräten und Prozessen geben, stehen bei der Digitalisierung im Mittelpunkt des Interesses, denn sie eröffnen neue Möglichkeiten im Bereich der Instandhaltung und Prozessoptimierung. Ganz konkret im Blick ist dabei die vorausschauende Wartung, die einen messbaren Nutzen in Form einer höheren Anlagenverfügbarkeit und -effizienz hätte. Bevor sich ein entsprechender Mehrwert aus den Daten generieren lässt, müssen diese allerdings erst einmal in konsistenter Form vorliegen. Dies ist heute oftmals nicht der Fall: In vielen Betrieben sind Feldgeräte unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Hersteller installiert, zu denen nicht immer detaillierte Informationen verfügbar sind. Dies führt spätestens dann zu Problemen, wenn Ersatzteile für ein obsoletes Gerät fehlen und eine hektische Ersatzbeschaffung gestartet werden muss. Digitale Anwendung: Klar und übersichtlich strukturiert An dieser Stelle setzt die digitale Anwendung Netilion Analytics von Endress+Hauser an. Mithilfe des Programms lassen sich die Daten aller verbauten Feldgeräte in einheitlicher Form erfassen und in eine passwortgeschützte Cloud übertragen. Dort werden sie mit der Gerätedatenbank des Herstellers abgeglichen und fehlende Daten ergänzt. 64 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019

INDUSTRIELLE KOMMUNIKATION 01 Das Industrieunternehmen hat das StarAudit-Zertifikat von EuroCloud erhalten 02 Die Daten werden für Anwender übersichtlich und graphisch ansprechend dargestellt Neben Geräten von Endress+Hauser können auch die Geräte anderer Hersteller erfasst und in der Anwendung dargestellt werden. Die so erstellten „digitalen Zwillinge“ der Feldgeräte sind dann für Befugte von beliebigen Endgeräten aus einsehbar – zur Darstellung wird lediglich ein Internet-Browser benötigt. Die Erhebung der Daten im Feld kann auf zweierlei Art geschehen: entweder durch einen Scan der Typenschilder mithilfe einer speziellen App oder vollautomatisch durch einen im Feldbus-Netzwerk installierten Schnittstellenbausteins, dem Edge Device. Darüber hinaus reduziert sich mithilfe der Software der Zeitaufwand für eine Bestandsaufnahme. Sind die Daten online, entfällt der Weg ins Feld künftig. Die Gerätedaten lassen sich dann einfach per Mausklick einsehen. Doch der Nutzen der online verfügbaren Daten besteht nicht nur in dem gewonnenen Komfort und der gesparten Zeit. Der Hersteller liefert Anwendern zusätzliche Wartungsinformationen. „Unser Servicepersonal berät die Kunden hinsichtlich kritischer Messpunkte. Wir identifizieren Obsoleszenzrisiken und Migrationsprioritäten. Dadurch erhalten unsere Anwender ein klares Verständnis für die Möglichkeiten der Standardisierung, einschließlich Empfehlungen für einen schnellen Gerätetausch und eine optimierte Ersatzteillagerung. Ausfallrisiken werden somit auf der Anlage weitgehend minimiert“, sagt Pujol. Es gebe somit keine versteckten Risiken mehr, das komplette Feld werde transparent. Weitere digitale Anwendung in Planung Das Netilion-IIoT-Ökosystem richtet sich sowohl an Anlagenbauer als auch an Betreiber bestehender Anlagen Wurden die Daten mithilfe von Netilion Analytics erhoben und komplettiert, eröffnen sich weitere Möglichkeiten. Ein Beispiel ist die bereits angesprochene vorausschauende Wartung. Hierfür entwickelt das Unternehmen eine Anwendung namens Netilion Predict. Die Software wird es erlauben, Kalibrier- und Wartungsintervalle an die realen Bedürfnisse des Betriebs anzupassen. Starre, auf Erfahrungswerten beruhende Intervalle gehören damit der Vergangenheit an – der Digitale Zwilling des Messgeräts weiß jetzt selbst, wie lange noch sicher produziert werden kann und wann eine Rekalibrierung nötig ist. Die Anlagenverfügbarkeit steigt und Wartungsmanager sparen Zeit für unnötige Einsätze. Netilion Analytics und Netilion Predict sind grundlegende Anwendungen, die für alle Bereiche der Prozessindustrie relevant sind. Darüber hinaus ist eine Vielfalt von branchenspezifischen digitalen Services denkbar. Zertifizierung durch EuroCloud All dies kommt einem aus dem privaten Bereich vertraut vor, aber in der Prozessindustrie ist man beim Thema Digitalisierung doch eher zurückhaltend. „Wir haben es in der Regel mit den IT-Abteilungen der Betriebe zu tun“, berichtet Pujol. Ein zentraler, immer wieder nachgefragter Aspekt sei deshalb die Datensicherheit, an die man in der Prozessindustrie natürlich ganz andere Anforderungen stelle als ein Privatanwender, der sich eine neue Fitness-App herunterlädt. „Bis die IT-Spezialisten überzeugt sind, ist es oft eine lange Reise.“ Dabei kann er seinen Ansprechpartnern versichern, dass in puncto Datensicherheit nichts dem Zufall überlassen wurde. „Das Netilion Ökosystem von Endress+Hauser wurde von der unabhängigen Organisation EuroCloud zertifiziert, mit vier Sternen für besonders schützenswerte Daten.“ Fotos: Endress+Hauser www.endress.com INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2019 65