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Industrielle Automation 6/2015

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Industrielle Automation 6/2015

01 Das eingesetzte

01 Das eingesetzte Modularsystem erfasst und verarbeitet Messsignale, z. B. von den Schwingungssensoren der Getriebe Condition-Monitoring als Frühwarnsystem Intelligente Getriebeüberwachung vermeidet Anlagenausfälle in der Titanzink-Produktion Ulrich Lettau, Herwig Eichler Um Stillstandzeiten der Walzgerüste zu minimieren, setzt Rheinzink auf vorausschauende Instandhaltung. Lagerschäden an den Kammwalzgetrieben werden mittels Schwingungsüberwachung frühzeitig erkannt und Anlagenausfälle verhindert. Die implementierte Condition-Monitoring- Lösung basiert auf einer gemeinsamen Entwicklung der Partnerfirmen Iba und Hainzl. Es ergibt sich eine wichtige Synergie aus den Bereichen Analysesoftware und Condition-Monitoring kombiniert mit Hardware und Software für Prozessdatenerfassung. Mit vorausschauender Instandhaltung werden durch Sensor-basierte Zustandsüberwachung erhebliche Einsparungen möglich. In den letzten Jahren hat das Condition-Monitoring in industriellen Großanlagen deshalb stark an Bedeutung gewonnen. Durch Auswertung von Vibrationen mechanischer Aggregate lassen sich erste Anzeichen bevorstehender Schäden detektieren. Die Rheinzink GmbH & Co. KG setzt diese Form der Früherkennung an ihrem Standort Datteln bei der Produktion von Titanzink ein. Sie nutzt dabei eine Condition-Monitoring-Lösung auf Basis einer Kooperation zwischen der Fürther Iba AG und der Hainzl Industriesysteme GmbH aus Linz. Während Iba der Spezialist für Systemlösungen im Bereich der Messtechnik ist und über ausgewiesene Expertise in der Entwicklung von Hard- und Softwarewaremodulen mit hoher Konnektivität verfügt, liegt der Schwerpunkt der Firma Hainzl im Bereich der Analysesoftware und der mechanischen Expertise. Über Jahre hinweg hat Hainzl sein Condition-Monitoring-Know-how erweitert und ist dadurch in der Lage, detaillierte Analysen komplexer Anlagen vorzunehmen, um so Ausfallvorhersagen mit hoher Verlässlichkeit zu erstellen. Da zur Auswertung der Schwingungsdaten eine Korrelation mit den Prozessdaten der Produktionsanlage erforderlich ist, hat sich dabei eine enge Kooperation mit der Fürther Iba AG als überaus vorteilhaft erwiesen. Denn in der Produktionsanlage bei Rheinzink wurden die Drehzahl, Drehmomente und andere Prozessgrößen der Walzgerüste schon vor Projektbeginn mit Iba-Komponenten erfasst. Lagerschäden frühzeitig diagnostizieren Rheinzink ist führender Spezialist für die Herstellung von hochwertigem Titanzink. Das vielseitige Blech wird insbesondere in Dr. Ulrich Lettau ist Vorstandsvorsitzender der iba AG in Fürth sowie Herwig Eichler, Vertriebsmanager Condition Monitoring Systems der Hainzl Industriesysteme GmbH in Linz 46 INDUSTRIELLE AUTOMATION 6/2015

MESSE I SPS IPC DRIVES 2015 Dach-, Fassaden-, und Solarprodukten verbaut. Über eine Gießmaschine wird in der Produktion ein etwa ein Meter breiter und zirka 15 mm dicker Gussstrang hergestellt, der in einer Walzstraße mit 5 Gerüsten zu einem Band der Stärke 0,5 bis 2 mm gewalzt wird. Um die Stillstandzeiten der Walzgerüste zu minimieren setzt Rheinzink auf vorausschauende Instandhaltung. Hauptziel ist hierbei das frühzeitige Erkennen von Lagerschäden. Bei einem unerwarteten Ausfall eines Kammwalzgetriebes steht die gesamte Produktionseinheit still. Die strukturell bedingte Ermüdung insbesondere der Lager kann jedoch grundsätzlich nicht verhindert werden. Das implementierte Condition-Monitoring-System ermöglicht es, den Tausch einer ermüdeten Komponente in die turnusmäßigen Wartungsabläufe zu integrieren und Folgeschäden durch verschlissene Komponenten zu vermeiden. Das System durchsucht hierzu die Schwingungssignale nach charakteristischen Schadensmustern und berechnet daraus den vorliegenden Schadenspegel. Die aktuelle Lösung ersetzt eine Unix-basierte Vorgängerlösung, die nicht die erforderliche Flexibilität geboten hatte. Hohe Taktrate: Messintervalle von 25 µs möglich Kernelement der realisierten Lösung ist das IbaPadu-S-Modularsystem zum Erfassen und Verarbeiten von Messsignalen. Das System liest als Vor-Ort-Einheit die Schwingungssensoren der Getriebe ein. Die Abtastung der Mess-Signale erfolgt mit außergewöhnlich hoher Taktung. Das messtechnische Modul ermöglicht Messintervalle von 25 µs, während die minimalen Messintervalle gängiger Automatisierungssysteme eher im Bereich von 20 ms, also 800 Mal langsamer, liegen. Alternativ zu der Variante, das Modularsystem als autarkes Verarbeitungsgerät zu betreiben, wie in der vorliegenden Anwendung, lässt es sich optional auch als reines Peripheriegerät für überlagerte Datenerfassungs- und Automatisierungssysteme nutzen. Besondere Flexibilität erreicht das Iba- System dadurch, dass es komplett modular aufgebaut ist. Für die beschriebene Anwendung bei Rheinzink ist nur eine geringe Anzahl an Sensoren erforderlich: Je nach Getriebetyp sind entweder sechs oder sieben Sensoren eingesetzt. Basierend auf den Vorerfahrungen des Kunden wurde identifiziert, an welchen Teilen mit Schäden zu rechnen ist. Auf diese Anlagenteile wird dann beim Condition-Monitoring das Hauptaugenmerk gelegt. Bei der Integration der automatisierten Gesamtlösung kam Hainzl die langjährige Erfahrung im Bereich des Condition-Monitorings zu Gute: Die Parametrierung der Analysesoftware ist hochgradig komplex und erfordert genaue Kenntnis sämtlicher Einflussfaktoren. Die Messeinheit IbaPadu-S-IT kommuniziert mit einem Analyseserver der Firma Hainzl, der Konfigurationsdateien generiert, die auf die Vor-Ort-Einheit übertragen werden. Die Ergebnisse der Analysen werden ihrerseits vom Server aus den Vor-Ort-Einheiten abgeholt und in einer Datenbank gespeichert. Der Abgleich mit historischen Daten ermöglicht aussagefähige Trendbetrachtungen. Aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften erzeugt jede Getriebekomponente im Schadensfall eine charakteristische Störschwingung. Auf diese Weise lassen sich Bauteilschäden über spezifisch definierte Frequenzbänder identifizieren und somit schadhafte Komponenten verlässlich ermitteln. Automatisierte Ausgabe von Alarmen Der Hainzl-Analyseserver liest die lokal abgespeicherten Messdaten der dezentralen IbaPadu-S-Systeme ein, vergleicht sie mit voreingestellten Grenzwerten und setzt bei Überschreitung dieser Grenzwerte eine E-Mail an einen vorausgewählten Benutzerkreis ab. Die Regeln, wann welche Alarme an welche Adressatengruppe versendet werden, lassen sich flexibel konfigurieren. Abhängig vom Nutzerprofil ist es möglich, einem bestimmten Empfängerkreis die mechanischen Alarme zuzusenden, während eine andere Gruppe ausschließlich die elektrischen Meldungen erhält. Es ist sogar möglich, den Fokus auf bestimmte Bauteiltypen zu legen: Speziallager, die einen außergewöhnlich langen Wiederbeschaffungszeitraum haben, können beispielsweise als Sondermerkmal mit einem eigenen Alarm versehen werden. Im Alarmfall wird das vorliegende Datenmaterial analysiert, um die schadhafte Baugruppe zu ermitteln. Eine derartige Tiefenanalyse ermöglicht eine verlässliche Prognose, welche Schadensintensität vorliegt. Im Bedarfsfall können Experten vor Ort eine noch exaktere Auswertung des Datenmaterials vornehmen. Einsatzoptionen der erhobenen Schwingungsdaten In der Vergangenheit fand die Schwingungsanalyse ausschließlich in der mechanischen Instandhaltung Beachtung. In den letzten Jahren haben jedoch auch die Produktionsverantwortlichen wachsendes Interesse an den Schwingungsdaten entwickelt. Grund hierfür ist die Tatsache, dass bereits für die mechanische Instandhaltung erfasste Signale auch für die Produktionsoptimierung eingesetzt werden können. Ohne ein Nachrüsten zusätzlicher Sensorik an den Walzgerüsten ließe sich etwa eine Echtzeitüberwachung implementieren, die sogenannte Chatter Marks – also Abweichung in der Materialstärke aufgrund von Resonanzschwingungen – bereits bei der Entstehung identifizieren könnte. Daraus würde sich für die Qualitätssicherung ein wichtiger Zusatznutzen entwickeln. Der Leiter der Instandhaltung, Wolfgang Beigel, der Firma Rheinzink, sieht das Potenzial des Condition Monitorings längst noch nicht ausgeschöpft. Seiner Aussage nach liegt es nahe, künftig die Sensor-basierte Zustandsüberwachung nach und nach auszubauen, um ein umfassendes Spektrum an Produktionsdaten und damit eine vollständige Prozesstransparenz zu erhalten. Die positiven Erfahrungen mit dem Condition- Monitoring sind ein wichtiger Schritt in Richtung einer weitreichend vernetzten Produktion im Zeichen von Industrie 4.0. www.iba-ag.com 02 Die Rheinzink-Produktionsanlage am Standort Datteln produziert Titanzink in höchster Qualität, u. a. für die Herstellung von Dach- und Fassadenprodukten