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Industrielle Automation 5/2018

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Industrielle Automation 5/2018

KOMPONENTEN UND SOFTWARE

KOMPONENTEN UND SOFTWARE I TITEL Eine saubere Sache Befehls- und Meldegeräte für hygienesensible Anwendungen in der Nahrungsmittelindustrie Maschinen für die Lebensmittelverarbeitung müssen hygienegerecht gestaltet sein. Gleichzeitig sollten sie den Anforderungen an eine ergonomische Bedienbarkeit erfüllen. Wir stellen Ihnen eine neue Serie an Bedienelementen vor, die speziell für den Nahrungsmittelmaschinenbau entwickelt wurde und die Mensch-Maschine-Schnittstelle in den Mittelpunkt rückt. Dass die Seydelmann KG vor zwei Jahren ihre Produktion erweitert hat, spricht für wirtschaftlichen Erfolg. Dass dabei die Zerspanung in eine neue Produktionshalle umgezogen ist, verdeutlicht die hohe Fertigungstiefe. Und dass das Unternehmen in einer Umfrage der Fleischereiwirtschaft Bestnoten in den Disziplinen Bekannt - heit, Verwendungsgrad und Markentreue erhielt, zeugt vom hervorragenden Ruf des Unternehmens. Der in Stuttgart (Verwaltung) und Aalen (Produktion) ansässige Maschinenbauer entwickelt und fertigt Maschinen für die Fleischzerkleinerung wie Kutter, Koch-Vakuum-Kutter sowie Wölfe für Frisch- und Gefrierfleisch. Auch Mischer, Mischer-Wölfe sowie Feinstzerkleinerer gehören zum Programm. Die Maschinen sind weltweit im Einsatz: Der Exportanteil liegt bei rund 70 Prozent. Das Produktspektrum von Seydelmann reicht von Maschinen für kleine Mengen bis zu 8 t schweren Industriekuttern mit einem Schüsselinhalt von 1 000 l. Die Hochgeschwindigkeitsmaschinen garantieren erstklassige Materialzerkleinerung und Vermischung des Bräts. Die optionale Vakuum-/Kochfunktion erzielt – in Verbindung mit den extrem hohen Messergeschwindigkeiten der bis zu acht Messer – einen außergewöhnlich hohen Eiweißaufschluss und damit beste Qualität der Wurstwaren. Hygienegerechtes Design Das Design der aus hochwertigen Edelstahl (und im eigenen Hause) gefertigten Kutter erfüllt die Anforderungen an die optimale Strömungsdynamik und zum anderen an den Einsatz in hygienesensiblen Bereichen. Nicht nur in den produktberührenden Zonen, sondern auch am Gehäuse finden sich gerundete Flächen, die mit handwerklicher Präzision poliert wurden. Damit vermeidet man, dass sich Produktreste in Toträumen absetzen, und schafft die Voraussetzung für eine rückstandsfreie Reinigung. Funktionen der Maschine ohne Blickkontakt bedienen Das gilt auch für das Bedientableau an der Mensch-Maschine-Schnittstelle, das ebenfalls aus eigener Fertigung stammt. Neben der Hygiene ist hier aber noch ein weiteres Prinzip vorherrschend: die Ergonomie oder, deutlicher ausgedrückt, der Grundsatz der intuitiven Bedienung. Jochen Sauter, Leiter Elektroabteilung bei der Maschinenfabrik Seydelmann KG: „Der Bediener soll in der Lage sein, alle Funktionen der Maschine ohne Blickkontakt zu bedienen.“ Dies erreicht man mit Bedientableaus aus eigener Fertigung, die – wenn man vom Not-Aus- Taster absieht – ausschließlich mit Kreuzhebeltastern und –schaltern aus dem N- Programm von Schmersal ausgestattet sind. Siegfried Rüttger, Branchenmanager Food, Verpackung, Pharma bei der Schmersal Gruppe in Wuppertal

TITEL I KOMPONENTEN UND SOFTWARE 01 Maschinen und Anlagen für die Lebensmittelindustrie müssen den hohen Anforderungen an Hygiene gerecht werden Das Kreuzhebelprinzip: ein Schalter – mehrere Funktionen Über den Betätigungshebel können diese NK-Kreuzschalter in bis zu vier Richtungen bewegt werden und dabei jeweils unterschiedliche Funktionen auslösen. Die Seydelmann-Konstrukteure haben die Schalter jeweils mit logisch zusammenhängenden Funktionen belegt, sodass sich die Maschine intuitiv bedienen lässt. Jochen Sauter: „Außerdem haben wir auf der elektrischen Seite Verriegelungen vorgesehen. Das heißt: Eine kombinierte Betätigung von Funktionen, die nicht zusammen passen, ist nicht möglich.“ Dadurch minimiert sich das Risiko von Fehlbedienungen. Alternativ werden für einige Bedienvorgänge auch Kreuzschalter statt Kreuztaster eingesetzt, die in der betätigten Stellung verrasten. Hygienegerechte Bedienelemente Die Bedienelemente des N-Programms von Schmersal sind speziell für die Nahrungsmittelindustrie entwickelt worden. Als Grundlage dabei diente die Norm EN 1672-2, die allgemeine Gestaltungsleitsätze zu den Hygieneanforderungen von Nahrungsmittelmaschinen enthält. So weist die Gerätegeometrie keine Ecken und Kanten auf – das schafft die Voraussetzung für eine gründliche und rückstandsfreie Reinigung der 02 Der NK-Kreuzschalter kann in bis zu vier Richtungen bewegt werden und so jeweils unterschiedliche Funktionen auslösen Geräteköpfe und damit für das Vermeiden von Kreuzkontaminationen. Selbstverständlich sind auch die verwendeten Werkstoffe geeignet für den Einsatz in der Lebensmitteltechnik. Das N-Programm umfasst u. a. diverse Druck- und Leuchttaster, Kurzhubtaster, Wahlschalter und Not-Stopp-Befehlsgeräte. Die hygienegerechte Ausführung des N- Programms wird durch eine Baumusterprüfung mit dem Prüfzertifikat „Hygiene“ der Prüfstelle der Fleischerei-BG bestätigt sowie durch die Zertifizierung der Prüf- und Zertifizierungsstelle „Nahrungsmittel- und Verpackung“ des DGUV für hygienesensible Anwendungen. Die blaue Farbe der Dichtelemente dokumentiert schon auf den ersten Blick die Eignung für Anwendungen in der gesamten Nahrungsmittelverarbeitung. Gerüstet gegen Spritzwasser, Nässe und Feuchtigkeit Da Nahrungsmittelmaschinen intensiv gereinigt werden, müssen die Bedienelemente vor dem Eindringen von Nässe und Feuchtigkeit geschützt sein – selbst bei der direkten Beaufschlagung mit dem Hochdruck- oder Heißdampfreiniger. Dies gilt besonders für die Fleischereiindustrie, die gemäß „Risikograf für das Hygienerisiko an Nahrungsmittelmaschinen“ hygienisch hochsensible Produkte der Produktrisikostufe P2 verarbeitet. Entsprechend gründlich erfolgt hier die Reinigung. Deshalb erfüllt das gesamte N-Programm die Anforderung der Schutzart IP 69 K. Das heißt: Auch bei einem 80 °C heißen Wasserstrahl, dem die Geräteköpfe mit einem Druck von 100 bar allseitig ausgesetzt werden, dringt keine Feuchtigkeit ins Innere der Gehäuse bzw. durch die Abdichtung zum Bedientableau hin. Auch die NK-Kreuzschalter zeichnen sich durch hohe Schutzarten aus – vor der Frontplatte IP69K und für die Kontaktkammer Schutzart IP67 – und eignen sich für die Reinigung mit starken Strahlwasser oder Hochdruckreiniger. Da der Schalter wasserdicht ist, kann ein aufwendiges wasserdichtes Gehäuse entfallen. Der Kreuzschalter kann einfach in ein normales Maschinengehäuse integriert werden. Knieschalter – ganz im Sinne einer Lean Production Um die Mensch-Maschine-Schnittstelle der Kutter weiter zu verbessern, testen die Ingenieure von Seydelmann zurzeit an einem Prototypen ein neuartiges Bedienelement aus: den Knieschalter. Er wurde bei Schmersal im Rahmen eines „Lean Production“-Projektes entwickelt und seine Bezeichnung beschreibt eindeutig seine Funktion: Der Bediener betätigt die Funktion mit dem Knie und hat deshalb beide Hände frei – zum Beispiel für das Betätigen anderer Maschinenfunktionen oder für das Öffnen von Schutzhauben. In hygienesensiblen Bereichen ist ein solcher Knieschalter eine bessere Alternative zum Fußschalter, der dem Bediener zwar auch beide Hände freilässt. Aber zum Betätigen des Fußschalters muss der Maschinenbediener den Fuß vom Boden oder von der Fußstütze heben. Mit dem Knieschalter bleibt er standsicher mit beiden Füßen auf dem Boden. Nach Abschluss der Tests wird sich entscheiden, ob Seydelmann künftig den Knieschalter in das Bedienkonzept integriert und in Serienmaschinen einsetzt. Bilder: 01 Seydelmann KG; 02-04 Schmersal Gruppe www.schmersal.com 03 03 Mit einem Knieschalter hat der Maschinenbediener beide Hände frei für andere Tätigkeiten 04 Im Vergleich: der Knieschalter (li.) überzeugt durch Ergonomie; der NK-Kreuzschalter durch ein besonderes Abdichtkonzept 02 04 INDUSTRIELLE AUTOMATION 5/2018 41