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Industrielle Automation 4/2019

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Industrielle Automation 4/2019

Digitalisierung:

Digitalisierung: Maschinen nähern sich an Für die CE-Kennzeichnung in miteinander vernetzten Anlagen und Maschinen kommt es auf die Schnittstellen an Bereits seit dem Inkrafttreten der aktuellen EU-Maschinenrichtlinie Ende 2009 existiert der Begriff „Gesamtheit von Maschinen“. Wann diese vorliegt, ist abhängig von den Schnittstellen zwischen den Einzelmaschinen. Werden z. B. im Zuge eines Retrofit Teile der Gesamtheit gegen neue ersetzt, ist zu prüfen, ob die Sicherheit der restlichen Anlage nicht wesentlich beeinflusst wird. Eine CE-Software hilft beim Prozess. Früher bezeichnete man das Zusammenfügen von Maschinen als „Verkettung“. Im Zuge der Digitalisierung werden immer öfter mehrere Maschinen zusammen betrieben, sodass sie am Ende als Gesamtheit funktionieren. Dazu müssen einzelne Maschinen, häufig von unterschiedlichen Herstellern, miteinander „kommunizieren“. Ein detaillierter Blick auf die Schnittstellen zwischen den am Prozess beteiligten Maschinen gibt einen genaueren Einblick auf das Thema „Gesamtheit“. Wie Prozesse und Maschinen interagieren Eine Grundvoraussetzung für eine Gesamtheit von Maschinen ist die räumliche Nähe der einzelnen Maschinen zueinander. Das Herstellen von auf Paletten gestapelten Kisten frisch abgefüllten Bieres wäre sonst zum Beispiel nicht möglich. Beim Betrachten einer solchen Abfüllanlage fällt auf, dass diverse einzelne Maschinen über Förder­ bänder miteinander verbunden sind. Leere Flaschen werden automatisch der Waschmaschine zugeführt, gereinigt und entkeimt. Im Anschluss werden die Flaschen durchleuchtet und geprüft, ob Reste wie alte Etiketten oder ähnliches noch vorhanden sind. Es folgen weitere Maschinen, die den Prozess fortführen: Abfüller, Verschließmaschinen, Etikettierer und ein automatischer Packer, der die Flaschen in leere Getränkekisten steckt. Oft werden diese dann durch weitere Manipulatoren oder Roboter auf Paletten gestapelt und über Bodenfördertechnik abtransportiert. Handelt es sich bei der beschriebenen Anlage um eine Gesamtheit? Kriterien von Gesamtheit Vier Aspekte müssen erfüllt sein, um herauszufinden, ob es sich um eine Gesamtheit oder um Einzelmaschinen handelt. Erstens wird geprüft, ob die einzelnen Einheiten so zusammengebaut sind, dass sie eine gemeinsame Aufgabe ausführen können. Zweite Voraussetzung für eine Gesamtheit ist, dass die Maschinen funktional miteinander verbunden sein müssen. Dabei muss der Betrieb jeder einzelnen Einheit die Funktion anderer Einheiten beeinflussen. Ist das der Fall, werden die daraus entstehenden Risiken beurteilt. Im dritten Schritt wird geprüft, ob die zusammengebauten Einheiten über ein gemeinsames Steuerungssystem verfügen. Das bedeutet nicht, dass die Gesamtheit über eine einzige SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) verfügen muss. Sie kann auch aus mehreren, aber untereinander kommunizierenden, Steuerungen bestehen. Als letztes Kriterium müssen die Einheiten über eine sicherheitstechnische Verbindung verfügen. Werden mehrere Einheiten so verbunden, dass sie beispielsweise von einem Schutzzaun umgeben sind, der über eine Zutrittstür verfügt, so muss der Sicherheitsschalter an der Tür Einfluss auf mehrere Einheiten haben. Stehen jedoch mehrere Einheiten zusammen und werden sogar von einer Steuerung betrieben, haben aber keinerlei Einfluss aufeinander, so handelt es sich hier nicht um eine Gesamtheit. Jede Einheit erhält dann ihr eigenes CE-Kennzeichen. Jörg Handwerk ist Geschäftsführer der CE-CON GmbH, Alexandra Langstrof ist freie Mitarbeiterin der CE-CON GmbH in Bremen 68 INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/2019

SPECIAL I ROBOTIK UND AUTOMATION Stehen mehrere Einheiten zusammen und werden von einer Steuerung betrieben, haben aber keinerlei Einfluss aufeinander, so handelt es sich nicht um eine Gesamtheit von Maschinen Sicherheitskomponenten verknüpft werden, die Bestandteil des Standardproduktes sind. Bei technischen Maßnahmen sollten Personen involviert werden, die entsprechende Fachkenntnis besitzen und in der Lage sind, die Maßnahmen sicherheitsgerichtet auszuwählen. Beispielsweise ist es nicht zulässig, Standard-Signale von einer SPS zur anderen zu senden. Diese sind in der Regel nicht sicherheitsgerichtet, müssen es aber sein. Welche Signale als Standard­ Signale und welche sicherheitsgerichtet ausgeführt werden müssen, wird durch eine entsprechende Risikobeurteilung ermittelt. Veränderungen im Zuge eines Retrofit Bei Umbauten oder Modernisierungen von Einzelkomponenten in der Gesamtheit von Maschinen ist der Betreiber verpflichtet, zu überprüfen, ob es sich bei Veränderungen um eine „Wesentliche Veränderung“ handelt. Sollte sich während der Überprüfung herausstellen, dass dies der Fall ist, so wird die veränderte Maschine wie eine neu in Verkehr gebrachte Maschine angesehen. Das gesamte Konformitätsbewertungsverfahren muss neu durchlaufen werden. Weiterhin wird geprüft, ob sich die Veränderungen auch auf die Sicherheit der Gesamtheit der Maschinen auswirken. Wird beispielsweise eine neue Maschine mit CE-Kennzeichen in eine bestehende Gesamtheit integriert und kann diese auch alleine betrieben werden, so gibt es keinen Anlass für eine erneute CE-Kennzeichnung. Handelt es sich bei der neuen, in die Gesamtheit integrierten Maschine um eine unvollständige Maschine, so muss derjenige, der die unvollständige Maschine integriert und in Betrieb nimmt, die Konformität dieser Maschine mit den Anforderungen der Maschinenrichtlinie herstellen, eine Konformitätserklärung ausstellen und die Schnittstellen zur Gesamtheit betrachten. Die Gesamtheit an sich bedarf keiner neuen CE-Kennzeichnung. Auf die Schnittstellen kommt es an Maschinen werden oft als Standardprodukte von Herstellern geliefert. Die Verbindung zu anderen Maschinen ist nicht immer vorgesehen. So fehlt zum Beispiel die Möglichkeit, externe Einrichtungen zum Stillsetzen der Anlage im Notfall anzuschließen. Um eine sichere Gesamtheit von Maschinen zu erlangen, ist es aber erforderlich, auch externe Sicherheitsbauteile wie Lichtgitter oder Sicherheitslaserscanner zu integrieren. Umgekehrt müssen andere Maschinen auch sicherheitsgerichtet mit den Prozessbegleitende Transparenz Um eine normgerechte Risikobeurteilung einfach und intuitiv zu erstellen, steht den Verantwortlichen u.a. Ce-Con Safety zur Verfügung. Dabei handelt es sich um eine CE-Software, mit der Anwender auch beispielsweise modular ihre Maschinen aufbauen und somit auch die Gesamtheit von Maschinen betrachten können. Die Software stellt alle Fragen, die zur Identifizierung einer wesentlichen Änderung an der umgebauten Maschine beziehungsweise ihrem veränderten Einsatz relevant sind. Zur Beantwortung stehen dem Anwender diverse Hilfen, Erklärungen und Beispiele zu Verfügung. „Es ist wichtig, eine ganzheitliche Lösung zu finden, die der Arbeitsweise des Anwenders entspricht und für das zu beurteilende Produkt geeignet ist“, erklärt Jörg Handwerk, Geschäftsführer der Ce-Con GmbH. Bilder: Aufmacher istock, sonstige Ce-Con www.ce-con.de