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INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2020

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 3/2020

Das Geheimnis der

Das Geheimnis der Polarisation Wie sich mithilfe der Technologie verborgene Produkteigenschaften erkennen lassensen Bildverarbeitung auf Basis von polarisiertem Licht bietet interessante Möglichkeiten, um verborgene Produkteigenschaften wie Spannungen in Kunststoffen oder Gläsern zu erkennen oder Fehlerinspektionen durch Folien hindurch zu realisieren. Welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen lesen Sie hier. Peter Stiefenhöfer ist Inhaber PS Marcom Services, Olching, für die STEMMER IMAGING AG fügung, um damit geeignete Aufgabenstellungen zu lösen. Diese Sensoren sind in der Lage, Licht in vier Ebenen mit 0, 45, 90 und 135° zu filtern und nur den Teil des Lichts durchzulassen, der parallel zur optischen Achse des jeweiligen Polarisators schwingt. Für jede Berechnungseinheit verwendet der Sony-Sensor dazu vier Nanodraht-Arrays, die mit den genannten Winkeln ausgerichtet sind. Dabei befindet sich der Polarisator als Schicht zwischen den Photodioden und den Mikrolinsen. Dieser intelligente Aufbau des Sensors reduziert den unerwünschten Effekt des Übersprechens (Crosstalk), der dann auftritt, wenn polarisiertes Licht auf ein benachbartes Pixel trifft. So schwingt das Licht Um die Funktionsweise von Polarisationskameras besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die physikalischen Grundlagen. Licht lässt sich durch eine sich ausbreitende elektromagnetische Transversalwelle beschreiben, bei der eine elektrische Welle und eine magnetische Welle senkrecht zueinander und zur Ausbreitungsrichtung schwingen. Die Polarisation wird durch die Schwingungsebene der elektrischen Welle definiert. Üblicherweise ist das Licht nicht polarisiert, d. h., alle Schwingungsrichtungen der elektrischen Wellen sind gleich wahrscheinlich. Ist nur eine Schwingungsrichtung vorhanden, spricht man von linear polarisiertem Licht. Sind die Phasen der senkrechten und parallelen Komponenten 01 Polarisationsaufnahmen und die Abbildung auf dem HSV-Farbraum erlauben die Visualisierung von Spannungen im Für Fotografen zählen Polfilter zum gängigen Handwerkszeug, um unerwünschte Lichtreflektionen auszufiltern und so kontrastarke Bilder aufzunehmen. Bekannt ist diese Technologie auch von polarisierten Sonnenbrillen, die den Filtereffekt eindrücklich beim Blick auf Wasser offenbaren. Seit der Vorstellung des ersten CMOS- Bildsensors mit Polarsens-Technologie IMX250MZR mit 5,1 MP von Sony im Herbst 2018 und dem im vergangenen Jahr vorgestellten IMX253 mit 12,4 MP Auflösung, stehen auch Bildverarbeitern integrierte Polarisationsfunktionen auf Pixelebene zur Verder elektrischen Welle unterschiedlich, ist das Licht elliptisch polarisiert. Zirkular polarisiertes Licht dagegen entsteht, wenn die Phasen beider Komponenten genau um 90° verschoben sind. Diese Aussagen gelten für das gesamte elektromagnetische Spektrum und somit auch für das Lichtspektrum, zu dem die Bereiche ultraviolettes Licht (UV), sichtbares Licht mit Wellenlängen zwischen 440 und 650 nm, nahes Infrarotlicht (NIR) und kurzwelliges Infrarotlicht (SWIR) zählen. Vermeidung von Reflektionen Wie bereits erläutert, besteht unpolarisiertes Licht aus vielen Wellen, die zufällig in verschiedenen Richtungen schwingen. Beispiele dafür sind Glühlampen oder Sonnenlicht. Diese Form der Beleuchtung hat 48 INDUSTRIELLE AUTOMATION 03/2020 www.industrielle-automation.net

in der industriellen Bildverarbeitung den Nachteil, dass sich vor allem bei Prüfobjekten mit glänzenden Oberflächen Reflektionen in Teilbereichen praktisch nicht vermeiden lassen. Polarisiertes Licht bedeutet hingegen, dass alle von einer der Lichtquelle ausgehenden Wellen die gleiche Polarisation aufweisen und somit in den Richtungen sowie dem Betrag der Amplituden der elektrischen Felder gleich sind. Durch die geschickte Nutzung von polarisiertem Licht können somit unerwünschte Reflektionen ausgefiltert werden. Wie die nachfolgenden Beispiele zeigen, ermöglicht dies in bestimmten Fällen eine vereinfachte und bessere Überprüfung von optischen Merkmalen an Objekten. Mithilfe des Stokes-Vektors lässt sich die Polarisation des Lichts quantitativ bestimmen und mathematisch darstellen. Dieser Vektor besteht aus vier Werten, mit denen sich die Richtung und Intensität und somit der Grad der linearen, zirkularen oder elliptischen Polarisation elektromagnetischer Wellen definieren lässt. Nach der Aufnahme von Objekten mit einer Polarisationskamera ist es möglich, Bilder für die ersten drei Stokes-Parameter darzustellen. Diese lassen sich in einem weiteren Schritt zur Berechnung der linearen Polarisation (DoLP, Degree of Linear Polarisation) und des Polarisationswinkels (AoMP, Angle of Mean Polarisation) verwenden. Zur besseren Visualisierung können diese DoLP- und AoMP-Bilder auch auf dem HSV-Farbraum abgebildet werden, um z. B. Spannungen in der Struktur von Objekten aus Kunststoff einfacher darzustellen. Spannende Anwendungsmöglichkeiten Jan Sandvoss aus dem Vertrieb von Stemmer Imaging hat sich auf die Anwendung der Polarisationstechnologie spezialisiert und sieht eine Reihe interessanter Applikationen, die 03 Mithilfe der Technologie lässt sich untersuchen, ob die Aufreißlaschen der eingeschweißten Kartendecks fehlerfrei sind sich damit lösen lassen: „Vor allem bei der Inspektion von glänzenden, spiegelnden oder reflektierenden Oberflächen wie Folien, Metall oder Glas ermöglichen Polarisationsaufnahmen eine verbesserte Bildverarbeitung wie die einfachere Erkennung von Kratzern oder das robuste Lesen von Codes auf mehrschichtigen Folien.“ So lässt sich nach seinen Worten mit dieser Technologie z. B. einfach untersuchen, ob die Aufreißlaschen von in Folie eingeschweißten Kartendecks fehlerfrei sind. Bei einer Untersuchung mit unpolarisiertem Licht sind derartige Fehler deutlich schwieriger und bisweilen gar nicht zu erkennen. Auch für „Pick-and-place“- Anwendungen geeignet Als weiteres Beispiel nennt Sandvoss klassi - sche „Pick-and-place“-Anwendungen, bei denen glänzende, oft metallische Bauteile unter verschiedenen Beleuchtungs- und Polarisierungswinkeln in unterschiedlichen Bildbereichen immer zu Reflektionen führen. Durch die Kombination von reflektionsfreien Teilen der unter unterschiedlichen, teilweise virtuellen Polarisationswinkeln aufgenommenen Bilder zu einem Gesamtbild ist es möglich, gut auswertbare Bereiche zusammenzuführen und somit die Bildverarbeitung und Erkennung der Teile und ihrer Lage auf dem synthetischen Bild zu vereinfachen. 02 Bei Verwendung eines Polarisators wird nur der Teil des Lichts durchgelassen, der parallel zur optischen Achse des Polarisators schwingt Kompetenter Partner für die Polarisation Polarisationskameras in der Bildverarbeitung stellen eine leistungsstarke, aber noch relativ junge Technologie dar. Um ihre Möglichkeiten optimal auszuschöpfen ist es für interessierte Anwender wichtig, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der über fundierte Kenntnisse in diesem Bereich verfügt. Stemmer Imaging arbeitet mit einigen führenden Industriekameraherstellern zusammen, die inzwischen spezielle Polarisationskameras entwickelt haben. Zu diesen zählen Allied Vision mit Modellen der Mako-Serie, JAI mit kompakten Go-Kameras und Teledyne Dalsa mit bestimmten Modellen der Genie Nano-Familie. Als Vorteil der Polarisation nennt Sandvoss zusammenfassend die Tatsache, dass nicht nur die Oberflächenbeschaffenheit von Objekten wie deren Rauheit, Kratzer, Dellen und Beschichtung den Polarisa tionszustand des Lichts verändern können, sondern auch andere physikalische Eigenschaften wie mechanische Belastungen oder Doppelbrechungen. Weitere Informationen erhalten Sie über die unten aufgeführte Website. Bilder: Aufmacher zdekubik – adobe.stock.com; sonstige STEMMER IMAGING www.stemmer-imaging.com www.industrielle-automation.net INDUSTRIELLE AUTOMATION 03/2020 49