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INDUSTRIELLE AUTOMATION 2/2021

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 2/2021

SZENE I INTERVIEW Neuer

SZENE I INTERVIEW Neuer Robotik Verband Gemeinsam stark: „Mittelständler brauchen vor allem einfache Automatisierungslösungen“ Ende letzten Jahres wurde der Deutsche Robotik Verband e.V. gegründet. Ziel des Verbandes ist es, den Einsatz von Robotertechnik besonders in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu fördern. In einem Interview gewinnen wir einen Einblick in die Bestrebungen des Verbandes und welchen Nutzen Unternehmen daraus erzielen können. Herr Schmid, wir kennen uns nun schon seit vielen Jahren. Was hat Sie dazu bewegt, gemeinsam mit Ihren Stellver tretern Olaf Gehrels und Christoph Ryll einen Verband zu gründen? Alle Gründer des Deutschen Robotik Verbandes bewegt außer ihrer Begeisterung für die Automatisierungstechnik allgemein vor allem die Idee, den Standort Deutschland und Europa durch den Einsatz von einfachen Roboterlösungen attraktiv zu halten. Das hat viel mit unserer beruflichen Vergangenheit zu tun, ist aber Helmut Schmid ist erster Vorsitzender des Deutschen Robotik Verbands e.V. und war zuvor CEO beim Cobot-Weltmarktführer Universal Robots (Germany) GmbH verantwortlich für West- und Nordeuropa dadurch geprägt, dass wir heute für kleine und mittelständische Unternehmen einfach zu ergreifende Chancen sehen. Die Technik ist ja schon vorhanden, jetzt braucht es nur noch den Mut, diese Technik auch einzusetzen. Warum denken Sie, dass Robotertechnik eine Möglichkeit ist, um besonders kleine und mittelständische Unternehmen fit für die Zukunft zu machen? Dass die Robotertechnik ein probates Mittel ist, Forderungen nach individueller Produktion, kleinen Losgrößen oder Verkürzung von Durchlaufzeiten zu erfüllen, steht außer Frage. Verschärft wird die Lage in kleinen Unternehmen, weil sie vielleicht stärker als Konzerne unter Fachkräftemangel leiden. Ein 5-Mann-Unternehmen kann sich aber kaum einen Roboterprogrammierer leisten. Von daher waren viele Betriebe bislang von der Automatisierung mehr oder weniger ausgeschlossen. Inzwischen findet ein technologischer Wandel statt, der für den Einsatz von Robotern weniger tiefe Fachkenntnis erfordert. Richtig geplant, wird die Robotertechnik den Unternehmen Spielräume verschaffen, die sie fit für die Zukunft machen. Besteht durch den Einsatz von Robotik nicht die Gefahr, dass der Mensch als Arbeitskraft überflüssig wird? Nein. Diese Sorge wird schon seit der Einführung der Robotertechnik geäußert. Die Arbeitsinhalte werden sich für Menschen verändern, das schon. Das ist auch die Idee, die hinter Industrie 5.0 steht, die – kurz gesagt – das kollaborative Miteinander von Mensch und Maschine in intelligenten Fertigungsumgebungen stärken soll. Das ist Teil unserer umfassenden Initiative: Wir sehen uns als Katalysator, eine einfache, aber effektive Robotik in vorhandene Produktionsumgebungen zu bringen. Gerade in der engen Zusammenarbeit von Mensch und Maschine spielt das Thema Sicherheit eine große Rolle. Stehen Sie auch in diesem wichtigen Punkt beratend zur Seite? Ja, selbstverständlich. Denn Sicherheit ist ein zentraler Aspekt in der kooperativen oder kollaborativen Robotik. Gerade wenn Roboter von KMU in Eigenregie installiert und in Betrieb genommen werden, muss man mit den entsprechenden Sicherheitsfragen und Zertifizierungen umzugehen wissen. Maschinelle Bildverarbeitung, innovative Softwareund Sensorlösungen wie auch KI sind in den Startlöchern und werden den Weg von der Kollisionsbehandlung hin zur dynamischen Kollisionsvermeidung weiter voranbringen. Keinen Roboter einzusetzen, obwohl es sinnvoll wäre, darf nicht an fehlenden Kenntnissen scheitern. Deshalb Werbung in eigener Sache: Wir sind dabei, mit Webinaren für Einsteiger in Sachen „Sicherheit und Zertifizierung“ online zu gehen. Nicole Steinicke, Chefredakteurin, INDUSTRIELLE AUTOMATION, Mainz 8 INDUSTRIELLE AUTOMATION 02/2021 www.industrielle-automation.net

INTERVIEW I SZENE Hand aufs Herz: Ist der Einsatz von Robotern für kleine Unternehmen wirklich erschwinglich? Gegenfrage: Muss man sich eine Nudelmaschine für 800 Euro kaufen? Man muss nicht, man kann allerdings, wenn man sich bessere Ergebnisse erhofft. Abgesehen davon, dass es durchaus Angebote im unteren Preissegment gibt, wird der Roboterpreis nicht der entscheidende Faktor sein. Es kommt darauf an, den Roboter richtig einzusetzen, ihn eine passende Aufgabe erledigen zu lassen. Da bietet der Verband auch die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. Für manche sind mit dem Einsatz einer neuen Technologie auch Ängste verbunden. Zum einen haben sie die Sorge, eventuell mit der Technik nicht zurechtkommen. Zum anderen möchte keiner eine Investition tätigen, die sich am Ende nicht rechnet. Wie räumen Sie derartige Bedenken aus dem Weg? Dass eine neue Technik auch ein unternehmerisches Risiko sein kann, ist eine Binsenweisheit. Da kommen wir nicht weiter. Eine sorgfältige Planung kann dagegen schon viel Druck aus dem Kessel nehmen und durch eine Simulation kann mit vergleichsweise geringem Aufwand eine Investitionsentscheidung untermauert werden. Woher weiß nun ein Unternehmen, welche Robotik-Lösung für seinen Betrieb die passende ist? Für diese Unsicherheit haben wir großes Verständnis. Denn auch wenn Roboter seit Jahrzehnten ihre nützlichen Dienste in allen möglichen Branchen verrichten, waren und sind es vor allem große Unternehmen, allen voran die Automobilindustrie und ihre Zulieferer, die von der Robotertechnik profitieren. Einsteiger in die Robotertechnik können aus diesen Industriezweigen wenig für ihre eigenen Zwecke ableiten. Erfahrungen aus kleinen Betrieben sind jedoch nicht immer gut zugänglich. Insofern verweise ich noch einmal auf das Netzwerk unseres Verbandes, wo genau solche Erfahrungen zugänglich sind und mit neutralen Experten Pro und Contra einer Lösung diskutiert werden können Deutscher Robotik Verband e. V.: Wer sind wir? Die Gründungsmitglieder sind u. a. Roboter- und Komponentenhersteller, Smarte Robotik, Softwareunternehmen, Systemintegratoren, Sicherheitsexperten, Hochschulprofessoren und Netzwerker mit langjähriger Praxiserfahrung in der erfolgreichen Anwendung von Industrie- und kooperierender (MRK) Robotik. Der Verband verfolgt den Zweck, die Herstellung und den Einsatz von Robotertechnik in Deutschland zu fördern und dadurch das Know-how und die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder zu stärken. Durch Bündelung der Kräfte soll mit den Mitgliedern des DRV ein starkes und einflussreiches Netzwerk zur Information und Zusammenarbeit entwickelt werden. ausrichten. Da haben wir mehr Ideen als Manpower. Geplant sind z. B. Webinare und wir haben eine Podcast-Reihe gestartet, in der wir Tipps für die Einführung von Robotern in KMU geben. Vielen Dank für das Gespräch! Bilder: Deutscher Robotik Verband e. V. www.robotikverband.de Mit Ihrem Verband verfolgen Sie den Zweck, die Herstellung und den Einsatz von Robotertechnik in Deutschland zu fördern. Doch dazu brauchen Sie ein starkes und überzeugendes Netzwerk sowie finanzielle Mittel. Wie wollen Sie das schaffen? Mit der Aufgabenstellung, Robotertechnik in Deutschland – und ich betone ausdrücklich in kleinen und mittleren Unternehmen – zu fördern, haben wir erst einmal genug zu tun. Da sind wir viel mehr technisch als politisch orientiert. Wie jeder Verband finanzieren wir uns über Mitgliedsbeiträge. Da haben wir einen hoffnungsvollen Beginn vor uns und wollen neue Mitglieder vor allem durch überzeugende Leistungen werben. Wo können sich Unternehmen über Ihre Verbands-Aktivitäten informieren und wie bekommen sie eine konkrete Hilfestellung? Mit unserer Webseite robotikverband.de haben wir eine jederzeit erreichbare Kontaktmöglichkeit. Dort sind auch die einzelnen Fachbereiche mit ihren Ansprechpartnern aufgelistet. Wer konkrete Hilfestellungen sucht, kann dort formlos andocken und hat direkt Zugang zu den Fachleuten und damit zum gesamten Netzwerk des Robotikverbandes. Denn das ist uns wichtig, dass wir nicht von einer Kanzel herab predigen, was man machen könnte, sondern im direkten Austausch nach konkreten Lösungen suchen. Der Verband wurde gerade erst gegründet und ist dabei, sich bekannt zu machen, ein Start-up sozusagen. Den Umfang von Projekten müssen wir an unseren derzeitigen Möglichkeiten www.industrielle-automation.net INDUSTRIELLE AUTOMATION 02/2021 9