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INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2020

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INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2020

Kleiner Fehler, große

Kleiner Fehler, große Folgen KI-basierte Modelle zur Bildverarbeitung optimieren den gesamten Produktionsprozess Der Einsatz automatischer optischer Inspektionssysteme gewinnt in der Qualitätssicherung immer mehr an Bedeutung. Klassische, regelbasierte Vision-Systeme stoßen jedoch in manchen Anwendungen an ihre Grenzen, beispielsweise in der Solarindustrie. Moderne Bilderkennungssoftware und sogenannte Representation-Learning-Methoden schließen diese Lücke und ermöglichen die Fehlererkennung in anspruchsvollen Prozessen. Benjamin Ullrich ist Managing Partner bei der elunic AG in München In vielen Produktionsbetrieben wird der abschließende Schritt der Fertigungskette häufig noch manuell durch Mitarbeiter durchgeführt: die Qualitätskontrolle. Das bedeutet jedoch hohe Personalkosten und einen großen Planungsaufwand. Denn aufgrund der hohen Belastung der Mitarbeiter durch die dauerhafte Konzentration, können diese Aufgaben nur wenige Stunden am Stück durchgeführt werden. Das erfordert einen 3-Schicht-Betrieb, personelle Engpässe können so nur schwer ausgeglichen werden. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der Kontrollen und damit die Qualität der Produkte stark von der Leistung einzelner Mitarbeiter abhängig, manche Anomalien sind zudem für das menschliche Auge schlicht nicht sichtbar. Verlangsamte Abläufe in der Fertigung, eine hohe Ausschussquote und schwankende Produktqualität können die Folge sein. Intelligente Systeme zur Fehlererkennung, Bildverarbeitung und Bildanalyse teilautomatisieren die Qualitätssicherung und optimieren so den kompletten Produktionsprozess. Wie die Erkennung unscheinbarer Anomalien möglich wird In manchen Bereichen, wie der Produktion von Photovoltaik-Panels, werden inzwischen zwar bereits Alternativen wie Automated Optical Inspection (AOI) angewendet. Allerdings setzen alternative AOI-Systeme oftmals auf klassische, regelbasierte und damit gering flexible Computer Vision Algorithmen. Das bedeutet, dass die Panels bzw. die Identifikation der Bilder auf Basis von statischen Regeln zur Erkennung von Form, Position und Anzahl von Objekten erfolgt. Bei seltenen und komplexen Fehlern bzw. suboptimalen Bedingungen wie Lichtveränderungen oder wechselnden Hintergründen, die sich in der Realität jedoch nicht vermeiden lassen, stoßen alternative, regelbasierte Systeme daher schnell an ihre Grenzen und können Unregelmäßigkeiten schlecht identifizieren. Der Unterschied bei Methoden des Representation Learning liegt darin, dass sich anhand der Repräsentation von Bildern und deren Klassen ­ zu gehörigkeit automatisch die relevanten Unterscheidungsmerkmale extrahieren und zur Klassifikation von unbekannten Bildern verwenden lassen. Große Datenmengen können analysiert und trainiert werden und ermöglichen damit selbst die Erkennung von unscheinbaren Anomalien. Dadurch wird eine durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Bilderkennung für die Qualitätskontrolle interessant – elementarer Bestandteil bei Produktionsprozessen. Bildverarbeitung ohne Zeitaufwand implementieren Die rasche Weiterentwicklung der Hardware hat dazu geführt, dass Deep-Learning­ Modelle (hierarchisch analysierendes Representation Learning) in der Bildverarbeitung mittlerweile ohne großen Zeit- oder Materialaufwand implementiert werden können. Bei der Suche nach der richtigen Hardware sind die ausschlaggebenden Faktoren die Auswahl der passenden Prozessoren und der richtigen Geschwindigkeit für die Datenerfassung. Am besten eignen sich Tensor Processing Units, also speziell für Matrixmultiplikationen konzipierte und optimierte Prozessoren, für komplexe neuronale Netze. Zur Implementierung der Architektur der neuronalen Netze kommt Tensorflow zum Einsatz. Die Anwendung koordiniert und steuert verschiedene Prozessoren und stellt so die notwendigen Re­ 46 INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2020

Manche Unregelmäßigkeiten sind für das menschliche Auge nicht sichtbar chenleistungen bereit. Der Vorteil liegt auch in der Visualisierung der erfassten Daten: Datenflussgrafiken und die Darstellung der lokalisierten Fehler in Dashboards sind eine wichtige Hilfestellung für das Qualitätsmanagement. Trotz Simulation der Denkund Lernleistung des Menschen, kann aber auf Mitarbeiter dennoch nicht verzichtet werden. Diese nehmen die Funktion von menschlichen Tutoren ein, die Daten und Trainingsbilder einspeisen, Bilder bewerten und so den Deep-Learning-Prozess erst starten beziehungsweise fortdauernd weiterführen. Und auch die Ausbesserung von Anomalien liegt letztlich in der Verantwortung der Mitarbeiter. Solarindustrie: Schnellere Qualitätsprüfung möglich Die Solarindustrie ist eine der Branchen, bei denen die Inspektion von Solar-Panels häufig noch von Mitarbeitern durchgeführt wird: Zwei Operatoren führen auf einem Bild eine Sichtprüfung des Solarpanels durch und veranlassen bei entsprechenden Fehlern die Ausschließung des Panels. Das bedeutet einen hohen Ressourcenaufwand für das Unternehmen und ein enormes Stresslevel sowie dauerhaft hohe Konzentration für die Mitarbeiter. Oft kann so eine konstante Qualität der Produkte nicht gewährleistet werden. Zum Beispiel sind feine Risse möglicherweise gut erkennbar, aber durch unterschiedliche Belichtungen bei der Bilderstellung für das Erkennungssystem nicht gut zu detektieren. Teilweise bereits angewendete AOI-Verfahren ermöglichen zwar eine automatisierte Überwachung, können aber aufgrund fest programmierter Algorithmen keine umfassende Fehlersuche übernehmen und somit letztlich nicht für eine gleichbleibend hohe Qualität sorgen. Bei Deep-Learning-Modellen wird eine bessere Qualität und vor allem eine schnellere Qualitätsprüfung erreicht. So benötigt der Mitarbeiter, der zuvor 60 Sekunden für die Prüfung eines kompletten Solar-Panels aufgewendet hat, nun für die Fehlervalidierung nur noch fünf Sekunden. Wichtigste Voraussetzung für eine verlässliche Fehlererkennung in Solarpanelen ist auch hier eine relativ hohe Menge an Beispielsdaten: Zu Beginn stellen Mitarbeiter dem System Beispielbilder der jeweiligen Fehlerklasse zur Verfügung. In dieser Trainingsphase sind Experten mit jahrelanger Erfahrung unverzichtbar, denn grundsätzlich erkennt das System nur Fehler, die auch von einem Menschen identifiziert werden können. Großer Vorteil von Deep-Learning- Systemen ist, dass die Expertise und das geschulte Auge erfahrener Mitarbeiter dem System übermittelt und das Wissen konserviert werden kann. War die Einführung von Computer-Vision- Systemen in vielen Bereichen bislang nicht wirtschaftlich, eröffnet die Erweiterung bestehender AOI-Systeme durch selbstlernende Deep-Learning-Modelle neue Anwendungsgebiete. Diese sind besser an Bedingungen und Anforderungen in der modernen Fertigung angepasst und stellen eine umfassende, verlässliche Fehlererkennung sicher – davon profitiert vor allem das Qualitätsmanagement. Die Inspektion von Photovoltaik­ Panels in der Solarindustrie ist nur ein Beispiel, in denen KI-basierte Modelle zur Bildverarbeitung die Qualitätskontrolle und damit den kompletten Produktionsprozess erfolgreich optimieren konnten. Bilder: Aufmacher: Fotolia - jameschipper & Elunic, Einklinker: rechts oben ©123F – sondem www.elunic.com Alle 14 Tage NEU! Der E-Mail-Service für Konstrukteure, Entwickler, Systemintegratoren sowie Produktionsverantwortliche, die sich mit der Konstruktion und Entwicklung eigener Maschinen und Anlagen befassen. Aktuelle Nachrichten rund um neueste Entwicklungen, Trends und Veranstaltungen aus dem gesamten Bereich der Mess- und Automatisierungstechnik. NEW NEW SLETTER SLETTER Jetzt kostenlos anmelden! http://bit.ly/VFV_Newsletterr INDUSTRIELLE AUTOMATION 1/2020 47 INA_EA_Newsletter_1-4-quer_2020_01.indd 1 11.02.2020 16:49:34